[Note: the following is taken from Salmon, Thomas, and van Goch (authors), Reichard, Elias Caspar (tr.), Die heutige historie oder der gegenwartige stast von Russland, Altona and Leipzig: Korte, 1752, pp.435ff.
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    Zu dem, in dieser Verordnung N. 16) gedachtem Heroldsamte, welches 1720. angerichtet wurde, hat der ehemalige Vicepräsident des Revisionskollegii, Hr. Joh. Friedrich von Schmieden, (67) dem Senat

  (67) Dieser Herr hat nach seiner Zurückkunft in Deutschland eine Nachricht von der
        rußischen Nation, ihren Sitten und Gebräuchen und verschiedenen in Rußland,
        unter Petro I. vorgefallenen, Merkwürdigkeiten, in Form einiger Unterredungen
        eines reisenden rußischen Bojaren mit etlichen vornehmen Deutschen, aufgesetzt
        und zum Drucke bestimmt. Das geschriebene Werk macht 61. Bogen
        aus. Ich habe diese Rangordnung sowol als Verschiedenes von demjenigen, was
        noch folget, mit Erlaubniß des Hrn. Ernst Ludewig Orlich, treuverdienten
        Pastoris zu St. Martini in Braunschweig, meines geneigten Gönners und
        wahren Freundes, der solches, als des fel. Hrn. von Schmieden Schwiegersohn,
        besitzt, daraus abgeschrieben und unseres Salmons Nachrichten beygefüget.

den ersten Entwurf übergeben. Der erste Oberheroldsmeister war der ehemalige Vicegouverneur in Siberien, Kolitzschof; weil aber derselbe kurz hernach wegen seiner, in dem siberischen Gouvernement begangnen, Unterschleife und Ungerechtigkeiten, welche man in dem itzterwehnten Revisionskollegio aufs genaueste untersuchte, gefänglich eingezogen und an den Galgen gehenkt wurde: so wurde ein Obristlieutenant, Namens Pletzschegef hinwiederum zu diesem Amte bestellt, und demselben der Rath, Graf Santini, ein Savoyer, zum Gehülfen gegeben. Denn ob man gleich damals schon ein weitläufiges Geschlechts- und Stammbuch aller alten und großen im rußischen Reiche befindlichen Fürsten, Grafen, Freyherren und Edelleuten hatte: so wollte doch Peter I. gerne wißen, ob nicht mehr oder weniger vornehme Geschlechter, als in solchem Buche stunden, in Rußland wären, im gleichen, wie viel Söhne ein jeder solcher Herrn hätte, wo sich ein jeder aufhielte, was er für ein Wapen führte, von wem er solches empfangen, und wie er seinen Adelstand von hundert Jahren her erweisen könnte? Denn es ist ausgemacht, daß sich in den ehemaligen großen Empörungen und Regimentsveränderungen viele fremde Familien unter den rußischen Adel gemenget, und sich auch verschiedene wol eigenmächtig eines Titels und Wapens angemaßet haben. Ueberdieses [sic, S.U.] wollte der Czaar dadurch den Unordnungen und üblen Folgen vorbeugen, die aus dem, sonst in Rußland gebräuchlichen, Rechte der Erstgeburt zu entstehen pflegten, indem viele jüngere Söhne guter Familien in Verfall und Armuth und oft außer Stand geriethen, eine ansehuliche [ansehnliche? S.U.] Bedienung zu bekleiden. Hiernächst hatte er dabey die Absicht, die Wapen der Familien in Richtigkeit zu bringen und die, so sich von Adel schrieben, oder adliche Wapen führten, und doch nicht wirklich von Adel wären, gehörig zu bestrafen, die wahren fürstlichen, gräflichen, freyherlichen und adlichen Häuser aber mit ihren nach der Wapenkunst geschilderten Wapen zum ewigen Gedächtniß in ein ordentliches Geschlechtsbuch zusammentragen zu laßen. Er befahl daher schon 1721. daß alle adliche Geschlechter aus einer jeden Provinz nach und nach vor dem Heroldsamte erscheinen und ihren Adel beweisen sollten. Weil man aber sehr saumselig war, diesem Befehle Folge zu leisten: so erschien zu Moskow den 11. Jenner 1722. folgendes geschärftes Mandat:
    „Nachdem wir schon zu verschiedenen malen, nämlich unterm 8.
„ und 30. Aug. 24. Sept. und 24. Octob. des verfloßenen Jahres in
„alle Gouvernements und Provinzen Befehle ausgehen laßen, daß alle
„edle Geschlechter, imgleichen [sic, S.U.] die abgedankten Officiers insgesamt, von den-
„jenigen aber, so in wirklichen Diensten stehen, die Hälfte, außer
„den siberischen und astrakanischen, und zwar aufs längste und un-
„ausbleiblich im December 1721. sich in Moskow einfinden und bey
„dem Heroldsmeister, [sic there is a blank, S.U.] , Kolitzschof, aufzeichnen laßen sollen, jedoch
„sich bishero noch nicht alle dazu eingestellt haben: so werden dieselben,
„durch diesen unseren letzten Befehl, nochmals ernstlichst daran erinnert,
„und zugleich wird denjenigen adlichen Geschlechten, die vorher schon in
„den Städten des Petersburgischen Gouvernements aufgezeichnet wor-
„den, auch den daselbst befindlichen abgedankten Officiers, welche in Pe-
„tersburg haben erscheinen sollen, befohlen, insgesammt nach Mos-
„kow zu kommen, und sich daselbst noch vor dem Ausgange dieses Mo-
„nats Januari bey dem Tafelherrn, Kolitzschof, einschreiben zu laßen.
„Wer nun vor diesem Termine und bis auf den letzten Tag dieses Mo-
„nats seine Ankunft nicht meldet, der soll hiermit für einen Bufurman,
„d. i. für unehrlich und für einen Verräther erklärt seyn, auch zu keinem
„Amte hinführo befördert werden. Und wenn hernach einer von solchen
„unehrlich erklärten beraubet, geplündert, verwundet oder auch auf den
„Tod geschlagen wird: so soll von solchem keine Klag - oder Bittschrift
„angenommen, noch ihm einige Justiz ertheilet werden, auch sollen alle
„deßelben bewegliche und unbewegliche Güter unwideruflich an Uns verfal-
„len seyn. Ferner sollen alle diejenigen, welche bereits beym Senat in
„Petersburg zur Musterung gewesen, desgleichen auch, diejenigen, welche
„Altershalben oder wegen Verlähmung abgedankt sind usw. insgesammt den
„1. März 1722. zu Moskow seyn; und, wofern sie sich nicht, aufge-
„dachten Termin oder längstens eine Woche hernach, daselbst einfinden,
„ebenfalls in obgedachte Strafe verfallen seyn und ihre Namen öffentlich
„an den Galgen geschlagen werden. Wer auch einem solchen durchhelfen
„würde, daß er sich dieser Musterung und Einschreibung entzöge, soll mit
„jenen Nichtswürdigen gleicher Strafe theilhaftig und eben so wol geächtet
„seyn. Wer hingegen solche Unehriche ergreifen und einliefern wird, der
„soll, er mag seyn, wes Standes, er wolle, und wenn es auch einer von
„ihren selbsteignen Leuten wäre, die Helfte von ihren verfallenen Gütern
„zur Belohnung erhalten. Und von diesem Befehle sollen in allen Gou-
„vernements und Provinzen gedruckte Exemplaria ausgetheilt und bekannt
„gemacht werden, damit sich Niemand mit der Umwißenheit entschuldigen
„könne. Moskow den 11. Jan. 1722. „
    Diesem ernstlichsten Befehle zu Folge, fanden sich schleunigst alle adliche Geschlechter in Moskow ein, so daß alle Häuser davon voll waren und man das Prächtige von ganz Rußland beysammen sehen konnte.
    Es wäre zu wünschen daß auch dereinst, durch dergleichen Befehl, oder auf eine andere bequeme Art, die Rußischen von Adel genöthiget würden, die, bei ihren Familien hin und wieder noch verborgen liegenden, ungedruckten historischen Nachrichten ans Tageslicht zu bringen, damit dadurch die alte rußische Geschichte könnte erweitert, verbeßert und bestätiget werden. Denn es haben verschiedene vornehme Häuser, ungeachtet der ehemaligen Unwißenheit, so in Rußland herschte, vom Vater zu Sohne, seit etlichen hundert Jahren alle diejenigen Begebenheiten der Czaare, in welche ihre Familie und ihre Anverwandten mit eingeflochten gewesen, zu Papiere gebracht, und ihren Nachkömmlingen hinterlaßen. Ehedem war es ein Verbrechen, mit dergleichen Nachrichten zum Vorschein zu kommen. Und es war eine von den Staatsmaximen der rußischen Regierung, den Unterthanen zu verbieten, von Rußland etwas zu schreiben. Als 1689. der Fürst, Galiczin, mit der Armee in die krimmlische Tatarey marschirte, befand sich den derselben ein Edelmann, Namens Rosladin, welcher für sich und zur Befriedigung seiner Neubegierde ein Tageregister hielt. Wie aber der Fürst solches erfuhr: ließ er nicht nur den Schriftsteller in Ketten und Bande legen, sondern auch deßen Journal öffentlich verbrennen, obgleich nichts in demselben aufgezeichnet war, das wider des Reichs oder des Fürsten Intereße lief. Ja, wäre der Fürst kurz drauf nicht selbst unglücklich geworden: so möchte es diesem guten Rosladin wol gar den Kopf gekostet haben. Diese Politik, sagt Strahlenberg, wurde noch, zur Zeit unsrer Gefangenschaft in Siberien, beobachtet, so gar, daß der Czaar selbst von seinen etwas abgelegenen Ländern die eigentlichen Umstände nicht zu wißen bekam. Mehrgedachter Herr von Strahlenberg hatte 1715. mit vieler Mühe eine Landkarte von Siberien und der Tatarey verfertiget, und wollte dieselbe an einen gewißen Freund in Rußland übersenden, der ihm 200. Speciesdukaten dafür versprach, und solche in Kupfer stechen zu laßen willens war. Es wurde ihm aber solche von dem siberischen Gouverneur, Kniäs Gagarin, weggenommen, weil auf der Karte viele besondere Dinge und Oerter, als z. E. solche, wo Mineralien und andere nützlizche Sachen zu finden waren, angemerkt worden. Daher äußert dieser fleissige [fleißige? S.U.] und gemeinnützige Mann in seiner historisch - geographischen Beschreibung des nord- und ostlichen Theils von Europa und Asia S. 197. das billige Verlangen, daß bey itzigen Zeiten, da dergleichen politische Maximen beßer eingesehen werden, einige große Herrn und eingeborne von Adel in Rußland nicht allein zur Untersuchung und Bekanntmachung der alten, sondern auch der neuen rußischen Historie beförderlich seyn möchten; wozu seiner Meynung nach, der Hr. von Ostermann und Schaphirof, imgleichen der ehemalige geheime Kabinetsrath, Makarof und der Oberkriegssekretair, Wolkow, insonderheit, was die Historie Petri I. betrift, am geschicktesten gewesen seyn würden. Der ehemalige rußische Kriegsrath und Hofmeister des unglücklichen Kronprinzen, Alexi Petrowitz, der Hr. Baron von Huyßen, welcher hernach, als ein Pensionair, in Petersburg gelebt, soll eine so vortrefliche Kenntniß in der historie von Rußland, als irgend jemand, gehabt, und auch in lateinischer Sprache eine schöne Lebensbeschreibung Petri I. aufgesetzt haben, von welcher der Hr. von Haven benachrichtigt worden, daß solche bereits gedruckt sey, wiewol mir solches nicht bekannt ist. Hr. Weber hält dieses Werk an sich selbst für sehr gut, und der Durchlesung würdig: meynt aber doch, daß, weil dieser, sonst gelehrte, Mann weder aus der rußischen Kanzley, noch sonst andere Hülfsmittel dabey gebraucht, als was die aufgehobenen Zeitungen, historischen Merkurs und dergleichen öffentliche Schriften ihm an die Hand gegeben, noch vieles daran auszusetzen, und zu wünschen wäre, daß er vor der Herausgabe noch ein mehreres Licht bekommen und also von den Thaten des Czaars Petri I. etwas Vollkommnes liefern möchte.

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