Publication of Imperial Ban against the city of Erfurt, made by Jacob Lukas Lydl von Schwanaw, Imperial Herald (1663)
The texts
In all of the texts below, I & J in the print are hardly identifiable. I was sometimes arbitary which letter to put (this should not make any confusion in respect of meaning).
Latin small letter m with tilde above may be not shown correctly.
Lydl's Relation
[The following text is taken from the text version of Source text a. I corrected typographical errors due to the OCR system misrecognition, and also collated with Source texts b, c and d. There may, however, still exist such errors. Please consult printed version for academic purpose. The original text has no paragraph at all but here I splitted the text into paragraphs according to the source text d. I also inserted some small English text with bold and underline to understand what is happening. S.U.]
85.
Gehorsambste Relation[.]
Wie nemblich die
PVBLICATION der Achts-Erklaͤrung
zu Erffurt abgangen [here abgangen signifies, he failed to make the publication...? In the text I could not find any narrative he actually made it] / so durch
mich JACOBUM Lydl. von Schwanaw / als Kaͤyserlichen
Reichs-Herolden verrichtet / beschehen
den 8. Octobris.
Anno 1663.
ALs ich den 7. Octobr. dieses 1663sten Jahrs /
von der Hochansehnlichen Keyserl. Commission, nach
dem letzt verstrichenen Achttaͤgigen Termin, nacher Erffurt
abgeordnet / bin ich noch selbigen Tags aus Muͤlhausen [Mühlhausen/Thüringen?] 4.
Meil [here it should be any of German Miles] nach dem Chur-Meinz. Dorff / Wittern genandt / gereist
/ daselbst uͤber Nacht geblieben / [The first day] Morgens fruͤh den 8ten [Source text d, p.929 says 7. but this is obviously a mistake. See the first line of this text.]
Ejusdem einen Einspenniger voran nacher Erffurt geschickt / dem Rath anzudeuten
/ daß der Keyserl. Reichs-Herold gleich hernach kom̃e / und der Stadt
Erffurt einige Keyserl. Patenta zu publiciren hette / mit Bitt / ob sie ihn zu solchen
Actu, in die Stadt Admittiren wolten / welcher aber nicht zuruͤck kom̃en /
sondern daselbst in der Wachtstuben in Arrest behalten worden. Ich aber bin
demselbigen Einspenniger / sampt einen Keyserl. bey mir gehabten Hatschier /
Nahmens Simon Hoͤrmann / einem Notario Publico, fuͤnf Trompettern /
noch einen andern Einspennigern / und meinem Diener bald nachgefolget.
[Arrived at Erfurt] Als ich zur Stadt kame / mit zimlichen Trompetenschall / ware bey 40. Schritt
ausser des Schlagbaums schon eine Wache bestellt / da ich dann halten muste /
von den Musqvertieren stracks umbringet wurde. Ich salutierte sie / und Sie
fragten mich / was mein Begehren seye ? Worauff Ich geantwortet / daß ich
einen Einspenniger schon voran geschickt / und mein Begehren ihnen intimirt
hette / er wuͤrde ja sich angemeldet haben : (Antwort) ja / er seye noch in der
Stadt. (Ich) so wolle ich erwarten / was er vor eine Antwort bringen
werde. Als ich bey einer guten halten Stund gewardet / sagte ich / ob niemand
waͤre der mir die Post ausrichten [ans- should be a typo] wolte / ich wolle es noch einmal hinein
entbieten lassen. Sie fragten / weme man es sagen solte ? (Ich) dem
Herrrn Obrist-Rathsmeister / oder dem nechsten im Rath nach ihme / oder
einem andern Herrn des Raths. Antwort : Sie haͤtten keinen Rath /
noch Rathsherrn / sie weren von ihnen entlassen / nun weren sie selbst Herren
(Ich) haͤtte doch vernommen / daß ein neuer Rath erwehlt worden seye.
Antwort / nein / sie wuͤsten nichts davon. Ob mir dann der neue Rath geschrieben ?
Oder ob ich den neuen Rath heraus begehrte ? (Ich) nein / hat mir nicht
geschrieben / ich habe auch von keinem Schreiben geredet / begehre auch den neuen
Rath keines Weges heraus / sondern daß man mein Begehren einem deß
Raths andeuten solte / er sey hernach vom alten / oder vom neuen Rath / das
sichte mich nicht an. Worauff einer kommen / und mir gesagt / ich solte mich
gedulden / sie seyen auff dem Rath[h]ause beysammen / sie wollen bald kommen /
und mein Begehren vernehmen / als ich nun bey dritthalb Stund [two and half hours?] im Herolds
Habit / zu Pferd sitzend / in der heissen Sonnen gewartet / ist unter wehrender
Zeit ein Tumult hinter meiner entstanden / in deme ein Catholischer Mann gesagt :
Was es Noth seye / daß so viel armirte Leute wegen deß Herolden heraus [-ans should be a typo]
kaͤme[n?] / da seyen sie stracks uͤber ihn her / und haben ihn mit umbgekehrten
Musqveten und kurtzen Wehren / also zerschlagen / daß er lang / als ob er tod wehre
/ an einer Stell ligen blieben. Und als ich mich recht umsahe / gewiß umb mich
herum / und auf denen Waͤhlen viel 1000. Menschen gesehen worden. [The members of the Rath come] In deme
kamen die Herren des Raths heraus / blieben bey 10. Schrit[t] ausser den Schlagbaums
stehen / den ich entgegen ritte / (Ich und (Sie) zugleich [zn- should be a typo] die Huͤt abgezogen
/ und Ich redete diese Wort : Von der Roͤm. Keys. auch zu Hungarn
und Boͤheimb Koͤnigl. Maj. unserm allergnaͤdigsten Keyser
und Herrn / werde ich / als dero wuͤrcklicher Keys. Reichs-Herold hieher
geschickt / mit allergnaͤdigst. Befehl / allhiesigem Rath / Raͤthe /
Vormundern von Vierteln / Handwerckern / denen vor den Thoren /
und der gantzen Gemeinde der Stadt Erffurt / einige Keys. Patenta
ihnen erstlich originaliter zu recognosciren sehen zu lassen / folgents [-ds is better?] offentlich
abzulesen und zu publiciren / mit Bitt / sie wolten mich zu solchen
Actu in die Stadt gutwillig admittiren. Woruͤber sie mit einer langen
Sermon, aber nichts anders in [blank space should be here] sich haltend / als daß ich ihnen die Keys.
allergnaͤdigste Befelh-Schreiben [-lh-: sic] in originali zu recognosciren anvertrauen
moͤchte / gebeten [gebetten is more compliant with the orthography of the day?]. Darauf hab [ich should be here?] ihnen die Keys. denunciationem
& declarationem Banni originaliter eingehaͤndiget / welche Sie einer umb den
andern [-ru should be a typo] tacite gelesen / und endlich mich gebeten ; es waͤre ein grosse Anzahl von
den Vormundern und vornehmsten der Buͤrgerschaft auf dem Rathhaus beysammen
/ ob ich ihnen erlauben wolte / beyde Originalia hinein zu tragen / und sie
selbige auch [re]cognosciren zu lassen ; Ich geantwortet / ja / gar gern / sie sollens
mir wiederbringen / welches Sie zu [blank space should be here] thun versprochen. Als ich wieder eins
gute Stunde gewartet / seyn Sie heraus kommen / und haben mir beyde Originalia
zugestelt / mit Protestation, daß sie unschuldige Leut / am Keyserlichen
Hof nicht gehoͤrt / und also ungehoͤrt per mala narrata in die
Acht erklaͤrt die Kayserliche Reichs-Constitutiones aber vermoͤgten
daß sie diß Orts des Remedii suspensivi oder rechtlich zugelassenen
Revision nicht beraubet werden koͤnnten / welches sie mir alles
nach laͤngst deduciren, approbiren, und klar vor Augen stellen wolten
/ ich solte ihnen doch so viel Zeit erlauben / biß sie bey Keyserlicher
Majestaͤt deßhalben ihre Nothdurfft Supplicando angebracht /
und hierauf die Kayserlich allergnaͤdigste Resolution erfolge / sie
wolten mich unterdessen in ein gut Wirtshaus in der Stadt / logiren
/ ansehnlich wohl tractiren / und mit einer Hauptsachlichen Recompens
remuneriren. Ich antwortete / daß ich mich ihres gutten Anerbietens
bedancke / solche ihrem Begehren zu wilfahren in meiner
Macht nicht stehe / und daß sie solches alles vorhin haͤtten gehoͤriger
Orthen angebracht / und werckstellig gemacht haben sollen :
Sie hingegen / wann ich diß nicht wolte / so muͤste ich ihnen jedoch den letzt præfigirten
Achttaͤgigen Termin zu Entdeckung ihrer Unschuld consentiren. (Ich[)]
derselbe letzt præfigirte von Keys. Majest[.] unserm allergnaͤdigsten Herrn aus
lauter Keys[.] Milde und Gnaden gegebene Achttaͤgige Termin seye auch bereit
verflossen / habe sich vergangenen Sambstag umb 3. Uhr Abends geendet / und
sie hetten doch in solchem Termin ihre schuldigste Parition nicht geleistet / (Sie[)]
ja sie hetten parirt / und dessen die Keys. Hochanseh[n]liche Commission
nacher Muͤlhausen Schrifftlich errinnert / und remonstriret, (Ich /
hierauff /) Ich wuͤste umb selbige Brief gar wol / die Keys. hochansehnliche
Herren Commissarii aber haͤtten so[l]che ihre Brief beantwortet
/ und fuͤr keine parition erkennet / darunten mir gemessenen Befehl
aufgetragen / hiehero zu reisen / und mit publicirung der Achtserklaͤrung
nunmehr ohne Verzug fortzufahren / (Sie ) ich soll ihnen sagen
warrumben die beyde Originalia von Ihr. Keys. Majest. selbst nicht unterschrieben
seyn ? (Ich) daß sey bey dem Keys. Reichs-Hof-Rath nicht gebraͤuchig /
daß Ihre Keys. Majest. dergleichen Decisa selbst unterschreiben. (Sie) es
sey nunmehr schon uͤber Mittag / ich soll ihnen doch Termin geben wegen der
Publication auff 3. Tag. (Ich) nein / meine Instruction lautet nicht dahin / stehet
auch nicht in meinem Gewalt / jedoch das wil ich thun / ich wil ihnen zuwarten
/ biß morgen fruͤhe / dergestalt / wann sie das Volck auff das Rathaus zusammen
ruffen / und daselbst die Publication vorgehen lassen wollen. (Sie)
von nein / daß koͤnte nicht seyn / weilen sie morgen einen Feyertag / S. Michaelis
Tag hetten / und in die Kirch gehen muͤssen. (Ich) wolan / so wil ich
nun mit offentlicher Ablesung fortfahren / sie sollen mich hieran nicht hindern /
damit ich Ihrer Keys. Majest. gnaͤdigsten Befelch vollziehen moͤge[.] (Sie) ich
solte doch zuvor dieses Schriftliche offentliche / von zweyen Notarien aufgesetzte
Instrumentum annehmen / und meiner Relation einverleiben / so Ich zu
thun ihnen versprochen / und liege Sub A. [here in the margin in left the sign 'A' is given] in Abschrift hiebey. Sie warneten
mich aber oͤffentlich / daß jederman wol hoͤren konte / mit diesen Worten : Ich
soll mich gleichwol vorsehen / sie koͤnten den Boͤffel
[In modern German Pöbel. See
Tettau, Wilhelm Johann Albert von,
"Ueber das staatsrechtliche Verhätniss von Erfurt zum Erzstift Mainz",
in Jahrbücher der Königlichen Akademie gemeinnütziger Wissenschaften zu Erfurt,
Neue Folge, Heft I., 1860,
pp.3ff.,
p.138.]
nicht zwingen / es werde
Halsbrechens gelten. Da spitzte der Boͤffel die Ohren / und ruͤsteten sich mit
ihrem Gewehr in die hoͤhe. (Ich aber sprach) in Gottes Nahmen / ich muß
thun / was mein allergnaͤdigster Keyser und Herr mir allergnaͤdigst anbefohlen /
es geschehe nun was der liebe Gott wil. Und als ich die Keys. Original [ ] Denunciation
und Declaration aufmachen und ablesen wollen / selbigen Augenblick ist
der Keys. Hatschiter hinter meiner [mir is better?] / mit grossem Geschrey vom Pferd herab gerissen
/ ihme die gedruckte Patenta mit Gewalt hinweggenommen / Deßwegen
sein Liberey Rock zerrissen / Wehrlos gemacht / mit Schlaͤgen tractirt : Der
Rath aber was sie lauffen koͤnnen / dem Thor zu / in die Stadt hinein geloffen /
gleich geschwind / und schier in einem / auch uͤber mich mit Scheltworten : Du
Herold : Schelm / Dich / du bist kein Herold / herab mit den Schelm. Reissen
mich auch mit Gewalt vom Pferd / schlagen mit umbgekehrten [nmb should be a typo] Mußqveten /
und kurtzen Wehren [or Gewehren?] haͤuffig auff mich / stossen mir die Musqveren in die Seiten /
reissen mir meinen Hut mit Federn vom Kopff / und den Herold-Stab aus den
Haͤnden hinweg[.] Da bekam ich einen Streich auf den Kopff / davon mein Uberschlag
/ Tetzel und Hemmet / auch Facilet zimlich blutig war : und fuͤhrte einer
noch einen Streich auf mich / mit einer Partisanen. Ein Buͤrger aber wolte den
Streich verhindern / schluge seinen Arm unter / da bekam er seinen Arm wund /
daß eine gantze Ader entzwey / und sehr geblutet / wie er hernach vor mir stehend /
mir selbst erzehlt / Ich sein Blut in Ermel / und den Arm eingebunden gesehen
habe : Das / sagte er / habe er bekommen von meinet wegen / were er nicht gewest
so were mein Kopff entzwey / und ich kein Mensch mehr. ICH aber bedanckte
mich gegen ihme der Guthat (hoc per parenthesin, fahre nun weiter fort)[.]
Nach
diesem reissen sie mich bey den Haaren zu Boden / treten und stossen mich im
Herold Habit mit Fuͤssen / ziehen mich auff der Erden im Koth herumb / und
schreyn / schlagt den Schelmen gar todt. Daß sie auch præmeditate mich todt
machen wolten / erscheinet klar / in deme zween Erffuteer [should read Erffurter?] zu meinem Gutscher
gesagt / da ich noch zu Pferd gesessen : Ihme Gutscher werde nichts geschehē / aber
der Herold werde gewis todt geschlagen werden / sie wuͤstens / und er wuͤrde
es sehen / sie wolten nicht ein Dreyer umb sein Leben geben. Gott hat mir doch
miraculosè ausgeholffen / in deme sich der Boͤffel zertheilet / ein Officier von der
Stadt und ein Scharsant oder Corporal kommen / die helffen mir und dem
Hatschier wieder auff / schuͤtzen uns vor weitern Streichen. Da reist mir einer
die Kaͤys. Originalia, und ihr eigen Schrifftliches Instrumentum, so sie mir
zugestellt haben / aus den Haͤnden. Ein anderer nimbt ihms / und gibt mirs wieder
/ die seyn auch etwas blutig worden. SIE lassen meine Wunden am
Kopf verbinden / und geben mir und dem Hatschier ein wenig Krafftwasser
zur Labnuͤs. Da bleiben wir also bey 3. Viertel Stund stehen vor dem
Schlagbaum / vom Rath Ordre erwartend / was man mit uns weiter anfangen
werde. Entzwischen lasse der Boͤffel hin und wieder die gedruckte Patenta,
und kompt einer zu mir / ein ErtzRaͤdelsfuͤhrer / Nahmens Georg Weber / ein
Gaͤrtner / mit einem Patent, und zeiget mir mit dem Finger auff die Wort ; daß
ihr Leib Hab und Gut jedermaͤnniglich Preyß frey erlaubt sey / sprechend
/ du Schelm / schaw / was bringst du uns unschuldigen Leuten : Und wolte
mirs mit Feusten ins Gesicht stossen / deßgleichen auch dem Hatschier. Das liessen
aber die zwey / so bey mir stunden zum Schtz / nicht geschehen. Da schreyet
einer von ferne uͤber die ander[n] Koͤpffe herein / auff mich sehend : Du bist ein
Herold / magst wol ein Schelm seyn. Ein anderer sagte : Der Schelm ist kein
Herold / ich kenne ihn / er ist nicht laͤngst ein Gutscher gewest / und
sein Diener war sein Stall Jung. Die andern aber stilleten sie / sie sollen
schweigen. ICH schwieg still / als hoͤret ichs nicht. Zum Hatschier sagten
sie : Pfui schaͤmbt euch / seyd schon ein alter Mann / und last euch zu solchen
Schelmen-Commissionen brauchen / pfui was habt ihr vor ein geschecktes
Narrenkleid
[Cf. Mertens, Veronika, "Wappenrock und Narrenkleid. Das Mi-parti als offizielles Abzeichen und zeichenhaftes Standeskleid", in Maué, Hermann, Visualisierung stadtischer Ordnung. Zeichen – Abzeichen – Hoheitszeichen. Referate der interdisziplinären Tagung des Forschungsinstituts für Realienkunde am Germanischen Nationalmuseum, Nürnberg 9.-11. Oktober 1991, Nürnberg, 1993, pp.189-204. ...(?)]
an / soll diß des Keysers Liberey seyn ? Ist tausendmal erlogen ?
[Interrogation] Und dergleichen unzehlige [-llge should be a typo] Schmaͤh- und injuri Wort mehr / welche mir alle zuschreiben
unmoͤglich seyn. In dessen kam ein Schlachtschwertierer / seines
Handwergs ein Kirschner (also nennet er sich selbften) ein langer starcker Man /
und sprach zum Volck / da machts ein Ring / da muste ich und der Hatchier mitten
hinein / nun sprach der Schlachtschwertierer zu mir: Saget mir die gantze
gruͤndliche Warheit / oder euer Leben stehet in unsern Haͤnden / dann ihr seyd
nunmehr unsere Gefangene / (Ich) was begehrt ihr dann zu wissen / daß ich
sagen solle / fraget mich / ich hab kein Schewen die Warheit zu sagen. Er sprach :
Von wannen ich herreysen thete ? (Ich) von Wien (Er) wann ich alldorten
ausgereist seye / (Ich) den 9. Augusti, (Er) es seye schon eine lange Zeit / wo
ich so lang geblieben ? Ob ich auff einer Esel-oder Ochsen Post gereist seye [?] (Ich)
bin auf einer Land Gutschen gereist biß nach Wuͤrtzburg / und allda 4. Wochen
still gelegen (Er) warumb ich so lang zu Wuͤrtzburg geblieben / (Ich) wegen
deß Curfuͤrsten zu Mainz / welcher zu Wormbs : Und Freyherr von Schmidburg
als Kaͤys. Commissarius auch anderwerts verreist gewest / biß ich von ihnen
Ordre bekommen / wohin ich von dannen weiter reysen solte ? (Er) wo
dann der Herr von Schmidburg seye ? (Ich) zu Muͤlhausen / (Er) ob seine
Fraw auch bey ihme seye (Ich) ja / (Er) wie lang ich zu Muͤlhausen gewest
sey (Ich) 14. Tag[e?] (Er) warumb so lang / daß ich nicht ehe kommen sey (Ich)
weil ich habe warten muͤssen / biß der letzte Termin der 8. Tag[e?] verstrichen gewesen
(Er) ich solte die Warheit sagen ob ich ein rechter Herold seye ? (Ich)
ja / hab darumben aufzuweisen. Da sagten sie untereinander : Was fangen
wir mit ihnen an ? Theils sagten : Wir wollen den Herold in die Burg / und
den Hatchier in die Temnitz [Teni- should be a typo] (das ist die aͤrgste Gefaͤngnis unter der Erden in
der Stadt) fuͤhren / und arrestiren. Andere aber / die vornehmsten / sagten :
Nein / was seyn sie uns hier nuͤtz / wir wollen sie zu ihren Wagen fuͤhren / und
wider fortfahren lassen / wo sie herkommen seyn. Da fuͤhrten sie mich / und den
Hatschier zum Wagen / so eingespannet auf der Seiten gehalten. Macheten
wider einen Ring / schliessen mich und den Hatschier darein / und examinirten
mich wider. Da sprach der Georg Weber Gaͤrtner zu mir : Gib heraus / was
hastu in Hosensaͤcken : Da hette Ich noch ein gedrucktes Patente, daß gab
ich ihme / Er sprach : Schauet / der Schelm hat noch mehr Patent. Ich sagte :
Nun hab ich keins mehr / als die Originalia, und euer Eigenschriftliches Instrumentum,
so mir ewere Rathsherren geben haben. Die liessen sie mir. Ein
anderer fragte mich : Wer mich dahin nach Erffurt geschickt hette. (Ich)
Ihre Kaͤys. M. der Roͤmische Kaͤyser / (Er) das seye nicht war / der Kaͤyser sey
todt (Ich) nein / der Kayser lebt er seye gar uͤbel berichtet / (Er) ich solte bekennen
/ ob mich nicht der Kaͤy. Commissarius Freyherr von Schmidtburg
und der Chur-Maͤintzis. Rath / ihr gewester / nunmehr aber entloffener /
Schulthes Doctor Papius dahin geschickt hetten ? (Ich) nein / liesse mich
von diesen nicht schicken / ich seye von Ihrer Kaͤys. Mayst. geschickt / hab mein
Kaͤys. Pasbrief darumb auffzuweisen. Sie etliche sagten untereinander :
Mein schwartz Sammeter HeroldsRock gehoͤrte der Fraw Papiusin, zu / der
Herolds Habit sey ein Meßgewand / ich haͤtte es in einer Kirchen entlehnet /
und das Pferd kennten sie / gehoͤrte einem Bawer in Eichsfeld zu / deme haͤtte
ichs / Salvo honore, entfremdet. Uber dieses tritt ein russiger Handwercker
mit seinem Schernfehl / ein [ern should be a typo] Schlosser / oder Sdimidt herzu / und sagt : Wann
ich ein rechter Herold waͤre / so muste ich 24. Trompeter / 6. Heerpaucker / und
bey 200. oder 300. armirte Mannschafft zu Pferd bey mir haben / die haͤtte ich
aber nicht / diß seye auch kein HeroldsKleid / sondern seye gantz falsch / die weilen
aller 7. Churfuͤrsten Wapen nicht darauf seyen / also muͤste ich auch falsch / und
kein rechter Herold / sondern ein rechter Schelm seyn. Demnach / sagte auch
zugleich mit ihme der Georg Weber Gaͤrtner und der Schlachtschwertirer /
muͤste ich nun fort ins Gefaͤngnis / biß sie nacher Wien geschrieben / und gewisse
Antwort [-rr should be a typo] haben / ob ich ein rechter Herold / und vom Kaͤyser geschickt seye / oder
nicht ? Ob ich solches thun wolte ? (Ich) ja / ja / hertzlich gern / sie sollen schreiben
/ ich will so lang warten / biß von Wien Antwort kombt. Da stutzten und
bedachten sie sich. Unterdessen aber haben sie meinen Lidernen Bethsack vom
Wagen geloͤst / alles heraus gerissen / uñ alles / auch im Wagen / klein durchsucht /
aber nichts weggenommen. Mein Flaschen Futter oder Keller haben sie auch
aufgeschlagen / darinnen 3. leere / und eine volle Flaschen mit Wein gefunden /
welche sie dem Gutscher geben / er soll austrincken. Und weilen der Keller gefuͤttert
gewesen / haben sie das Futter gantz zerschnitten und Brieffe darinnen
gesucht. Als sie aber nichts gefunden / haben sie meinen Gutscher gefraget : Wie
ich auf Wuͤrtzburg kommen seye ? Er sagte / er wuͤste nicht anders / als auff einer
Landgutschen. Ob ich dann kein anders Kleid anzulegen haͤtte / weil sie
keins gefunden ? Der Gutscher sagt / ja / er hat ein schoͤn Sammetes Kleid / einen
Sammeten Beltz / und rothe Seidene Strimpffe darzu / haͤtte es aber zu Muͤlhausen
in seiner Kuͤsten oder Truhen gelassen. Da sagten sie heimlich zusammen
(so doch gleichwol der Gutscher gehoͤrt /) Nun mags wol der rechte Herold seyn.
Es wolten etzliche [etz-: sic] den Wagen zu stuͤckē zerhanen [-hawen?] / die andern aber wehreten ab /
und liessens nit geschehen. Nach diesem macheten sie den drittē Ring / und hieltē
zum drittenmal Standrecht uͤber mich / was sie mit mir anfangen wolten ? Einer
sagte von niederhauen / andere / man soll mich wegfuͤhren lassen / sie wolten mir
zum Valete eine Salve geben / und etzliche Pillen auf die Reise schencken. Als aber
solches die zwey / so mir alle weil Schutz gehalten / vernommen / wiederrathen sie
mir das wegfahren / ich wuͤrde todt geschlagen / Ich aber bate sie / sie solten zu
mir im Wagen sitzen / und mich von ihnen weg begleiten. Sie aber sagten /
nein / Sie wúrden [ú: sic] sampt meiner todt geschossen : Rathen also dem Boͤffel ein /
Sie wolten mich auf ihr Schieshaus fuͤhren lassen / da koͤnnten sie mich rechtschaffen
examiniren und ausfragen. [At a Schießhause] Da sagten alle / ja / ja / auff das Schieshaus
mit ihme. Da wurde ich / und der Hatschierer / beyde disarmiret, von viel
hundert Personen / vor-hinter und neben unser Begleiter / wie arme Suͤnder /
uͤber eine sehr breiten Bach / oder tieffes Wasser / woruͤber ein sehr langer schmaler
Steg / gefuͤhrt. Da sagten etliche / stoffet die Schelmen uͤber den Steg
hinaus / so seynd sie geschwind begraben ; Notandum, einer aber Nahmens
Brauer / der Samenfrauen ihr Sohn auf der langen Bruͤcken / hat 3. oder 4.
mahl anschlagen / und mich uͤber den Steg hinab schiessen wollen / so ihme aber
von andern erwehret worden / daß ers nicht verbringen koͤnnen (meiner Gedancken
hiebey geschweigend)[.] Als ich nun sampt dem Hatschier ins Schieshaus
kommten / sagten die zwey so wir Schutz gehalten ; Man soll die Thuͤr zu schliessen
/ damit nicht so viel Volck hinein lauffe. Fuͤhrten mich hinauf ins Zimmer /
und sprachen zu mir : Nun Gott sey lob / ist der Herr in Salvo, heissen mich den
Herolds Habit / ablegen / und nieder setzen. Ich war dessen froh / und sehr muͤde
darbey. Als ich den Habit abgethan / sagten die andern mir zum Spott ; Nun
seyd ihr ein praver Mann / weil ihr den Pfaffen Rock habt weggethan. Da
ruhet ich ein wenig sitzen / und war sehr durstig / gabe einem ein halbes Kopffstuͤck
/ und bate / mir darvor ein Bier oder Briehan zu bringen. Das thaͤten
sie[.] Ich und der Hatschier truncken / uñ laben uns. Da brachten sie auch aus der
Stadet Brot / Wein / Bier / eine kalte gebratne Gans / und einen kalten Haasen /
sprechen uns zu / wir solten essen. Entzwischen kamen etlichte des Raths / und
andere viel mit ihnen / setzen sich bey mir nieder / und fieng einer mit Nahmen
von Saher / ein Kauffmann an zu reden / klagend : Wie daß der Keys.
Commissarius Freyherr von Schmidburg / der Limprecht ihr gewester
Obr. Vierherr / und Hr. D. [i.e., Doctor] Papius diese drey an all ihrem Ungluͤck
schuldig / wie sonderlich der Herr von Schmidburg und Limprecht mit
einander heimlich Verstand gehabt / der Limprecht der Stadt das
Gebet abgetragen / und meistentheils ohne Vorwissen und Consens
deß Magistrats, dem Hn. von Schmidburg zugestecket haͤtte / wie dann
er Herr von Schmidburg 12643. Reichsthaler / 12. Silberne und verguͤldete
Becher / jeder bey einer Marck schwer / empfangen / noch uͤber
dieses 1500. Reichsthaler Schulden gemacht / darvon gereist / und niemandē
bezahlt / also solche Schuld auch der Stadt zu bezahlen aufgebuͤrdet
/ wie sie ihn herrlich / ja Fuͤrstlich tract[i]rt / welche Tractamenten
sie auch viel 1000[.] Thaler gekostet / und gleichwol habe Er der Stadt
vielmehr geschadet / als genuͤtzet / sie allzeit angefahren / Ochsen und
Esel geheissen / auch mit hencken und koͤpffen getrohet / am Keys. Hoff
ungleich berichtet und daß sie allda nicht gehoͤrt worden / verhindert /
seinen neben Commissarium den Herrn von Goppold verkleinert /
und daß alle Authoritaͤt an ihme allein gelegen seye / vermeldet / auch
beynebens ferner erinnert / da der Herr von Schmidburg in procedere
die discretion gebrauchet / wie der Herr von Goppold / es so weit
nicht kommen / sondern den Sachen leicht geholffen waͤre / welches
hart procedere ihre Gemuͤther nicht wenig gekraͤncket / innerliche
Grimmen erwecket / und also zu schuldigster Parition mehr verbittert
gemacht / als beweget ; Jst deme nicht also / schreyet auff der Kauffmann
von Saher. Sie antworteten alle : Ja / ja / diß seye einmal die gruͤndliche
Warheit / bitten mich demnach / ich wolte doch der Stadt zu gefallen
solches wol mercken / und an Keyserlichen Hoff hinterbringen /
damit doch ihre Unschuld entdecket / und die Warheit ans Tagliecht
gebracht werden moͤgte. Welches ich zu thun / wegen vorstehend-und [hyphen: sic]
gegenwaͤrtiger [-rttger should be a typo] Leib und Lebens Gefahr / der gantz verbittert-und [hyphen: sic] schwoͤrigen
Burgerschafft / ihnen bey Handstreich versprochen. Mit deme nehmen sie
Urlaub. Es kommen aber nach ihnen allweil Leuthe / eine Parthey umb die
ander / und examinirten mich auf unterschiedeliche Weise ohn Auffhoͤren (alle
Wort hierher zu setzen / klecketen mir etliche Buch Papier nicht. Wil derowegen
beliebter Kuͤrtze willen solche auslassen / und nur das vornehmste erzehlen.)
Sie fragten mich. Ob ich keinen Paßbrieff / oder sonsten von Ihr. Keys.
Majest. / glaubwuͤrdiges nichts auffzuweisen haͤtte ? Ich sagte / ja / gib ihnen
meinen Keyserlichen Paßbrieff / und Keyserliche Instruction, beyde von Ihrer
Majestaͤt unserm aller gnaͤdigsten Herrn selbst unterschrieben / die lesen / und
recognosciren sie / eine Parthey umb die andere / und geben mirs wieder. Hernach
kompt einer / vom Rathhaus geschickt / und sagt : Ob ich ihme mein Paßbrief
und Instruction anvertrauen wolte ? Es waͤre der Rath / Vormundere
/ und andere viel auff dem Rathhause beysammen / die verlangens zu
sehen. Ich gib ihms alsbald. Er ist wol 3. Stund damit ausgewest. [Evening] Hernach
gar zum Abend / Hat er mirs / beyde den Paßbrif / und Instruction wider
gebracht. Unterdessen bin ich continuirlich in examine gestanden. Abends
kompt der Barbirer / und verbind mich / hernach brachten sie Speisen / das war [wahr should be a typo]
gesotten Rindfleisch / und Schepsenfleisch / Brod / Wein / und Brihan. Da
kompt auch mein Diener / den ich im Tumult verlohren hatte / und der Chur-Meintzis.
Trompeter Leonhard Schmidt / so mit mir von Wuͤrtzburg ausgereist
/ und erzehlen mir / wie es ihnen ergangen seye / nemlichen : Als ich vom
Pferd herab gewest / und schon auf [anf should be a typo] der Erden gelegen / seyen die andern 4. Trompeter
/ und ein Einspenniger zu Pferd durchgangen / da schlugen sie auch gleich
den Notarium, den Chur. Meitzis. Trompeter / und meinen Diener / von ihren
Pferden herunter / geben ihren etliche Schlaͤg / und Stoͤß / machten sie Wehrlos
und zwey sitzen geschwind auf des Hatschiers / und meines Dieners Pferd / und
jagten den ausgerissenen nach. Sie kontens aber nicht einholen / sondern kahmen
leer wieder zuruͤck. Den Chur Meintzs. Trompeter liessen sie mit seinem
Pferd in den Meintzischen Hoff passiren / meinen Diener aber / fuͤhrten sie gefaͤnglich
durch die Stadt / in eine Wachtstuben / alwo der Einspenniger gewest /
den ich voran geschickt habt. Meinen Wagen aber mit den 4. Pferden / und
die andern Reitpferde liessen sie nicht in die Stadt / sondern weisten sie in das
nechste Dorff / so eine viertel Stund von der Stadt entlegen. Sie referirten
mir auch die Leute sagten alle in der Stadt / ich hette ein Pistol gezuckt / darauf
sey der Alarma angangen. Ich aber ha[t]te keine Gedancken auff die Pistol / auch
keine lere Hand gehabt / eine zu ergreiffen / dann in der Lincken Hand hatte ich
den Zuͤgel / die Handschuch / und in der rechten Hand den Herold-Stab / die
schrifftliche Declarationem & Denunciationem sampt ihrem Instrumento.
Als ich nun das Nachtmahl eingenommen / der Trompeter wider weg gewest /
mein Diener aber bey mir geblieben / muste ich erst der Wache Red und Antwort
geben. Da war ich noch durstig. Ich gib einen halben Thaler her (so
sie mir den andern Tag wieder bezahlt) und schickete umb Brihan / den hulffen
sie mir fleissig austrincken / blieben also auff / und redeten mit einander biß nach
11. Uhr. Da brachten sie mir ein alt zerruͤttes Strohe / und sagten zu mir / ich
solt mich schlaffen legen / das war mein Bett. Da legte ich mich hin / und nahm
den Herold Habit an statt des Polsters unter meinen Kopff. Der Hatschier /
und mein Diener legen sich auch neben mir. Als wir nun schon liegen / da
kompt der Ertz-Raͤdelsfuͤhrer Georg Weber Gaͤrtner / und leget sich auch neben
uns dahin. Da war mir nicht wol zu Muth / und konte selbe Nacht wenig
scalaffen. [The second day] Als es nun Tag worden / stehen wir auff. Da gieng die Wacht /
so bey etlich 50. Mann gewest / alle in die Stadt / bis auff 6. Mann / so bey mir
geblieben. Da kompt der Barbirer wieder / verbindet mich / und gibt mir etliche
Pstaͤsterle auff die Reiß / deme schenckte ich einen Dicken Thaler. Umb 7. Uhr
wurde die Stadt gesperrt / wegen der Kirchen / dann es war ihr Feyertag / alten
Calenders / S. Michaelis. Biß umb 10. Uhr / da war alles still / und hette
ich guten Fried. Nach Eroͤfnung der Stadt / kompt ein abgeordneter vom
Rath zu mir hinaus / mit Nahmen Weißmantel
[About his family, see
Zacke, A., Ueber das Todtenbuch das Dominikaner-Klosters und die Prediger-Kirche zu Erfurt, Erfurt: Carl Villaret, 1861,
Die Weissmantelsche Familie, pp.90-1
Weissmantel'scher Stammbaum, p.102
Same work with genalogical tree badly scanned can be found:
Jahrbücher der Königlichen Akademie gemeinnütziger Wissenschaften zu Erfurt, Neue Folge,
Heft II., 1861,
pp.22ff.,
pp.106-7.]
/ der spricht mir zu : Ich solt
kleine Gedult haben / es werde bald Essen und Trinken kommen / und werde alles
gebracht werden / was mir und den meinigen an Gewehr / und andern abgenom̃en
worden seye. Und beklagte sehr die Schlaͤge Stoͤß / und andere Affrondo,
so mir leider ! durch den Boͤffel seyn angethan wordē / ich solls doch die Stad[t]
nicht entgelten lassen. [The herald in lament making the city Vogelfrey] Und hebet an zu lamentiren / mit nassen Augen / in was betruͤbt-elendē
Stand die arme unschuldige Stadt / jetzo gesetzt / in die Acht
erklaͤrt / die Inwohner sampt Leib / Hab und Gut maͤñiglich Preiß und
Vogelfrey gemacht : Sie doͤrften nunmehr nicht sicher vor die Stad[t]
hinaus / weniger uͤber Land einige Handlung vornehmē / sondern muͤssten
in der Stadt nu[n]mehr selbst einander auffressen / und verderbē. Er
seye einmal unschuldig / ein armer Manñ / mit 11. Kindern / wuͤste nicht /
was er vor Leyd anfangen muͤste ? Deme ich also geantwortet / es seye mir
hertzlich leyd / daß die Stadt in solches Elend geletzt worden. Ich koͤñte
aber nicht darvor / hette dißfals thun muͤssen / was Ihre Keys.
Mayst. mein allergnaͤdigster Keyser und Herr mir gnaͤdigst anbefohlen
haben / sie sollen mich deßwegen nicht verdencken : Die Schlaͤg /
Stoͤß / Verbal und Real injurien, so ich bekom̃en / hette ich schon vergessen
/ muͤste wohl / daß solches nur von unverstaͤndigen gemeinen Leuten
geschehen / hingegen die Buͤrgerschaft und Officirer der Stadt
mir alles gutes erwiesen / und vor dem schwuͤrigen Boͤffel geschuͤtzt
hetten / daß sie mich nicht gar erschlagen :
Im uͤbrigen die beschehene
Acht betreffent sollen sie es nicht so sehr zu Hertzen nehmen / die Gnaden
Thuͤr bey Ihr. Keys. M. und am Chur-Maintzisch. Hof stehen
noch allzeit offen / seye nur umb eine kleine Gedult / und umb dieses zu
thun / daß sie nunmehr pariren, und depreciren, so seye ihnen wieder
geholffen / ich wolle der Stadt zum Nutzen am Keyserlichen Hoff
mein bestes dabey zuthun nicht unterlassen. (Notandu[m]) diese Rede
gieng ihrer vielen zu Hertzen / daß sie daruͤber seufftzeten /
und theils ihre Zaͤhren vergossen. Per Exemplum sagte ich
weiters / hette die Reichsstadt Brehmen auch vor wenig Jahren die
Acht ausgestanden [See Some thoughts regarding Öllmann heralds, the entry for the year 1652 in the list.] / sey aber bald wider restituirt worden. Unterdessen
bringt man Speisen von Fleisch und Fischen / rothen und weissen Wein /
zimlich tractirt. Als wir aber zu Tische sassen / worbey auch Hauptleute / ein
Advocat, und andere aus der Stadt gewesen / wolte der Herr Weismantel
meinen blutigen Uberschlag und Taͤtzel durchaus an mir nicht leiden / ich wolte
es auch nicht abthun / enschuldigte mich / ich hette nichts anders aufzusetzen
bey mir / saͤsse hernach da / wie ein rev. Hundschlager. Ich wolte den Uberschlag
zusammen wickeln / und die Taͤtzel in Sack schieben / daß man das Blut
nicht sehe / er aber wolte durchaus nicht / sondern liesse wider meinen Willen
ein Halstuch und ein schwartz seiden Band bringen / das muste ich umnehmen /
den Uberschlag und Taͤtzel zum waschen hingeben / so mir auch hernach geputzter
wider zugestellt worden.
Unter wehrender Mahlzeit / hab ich Ihrer Keyserl.
Majest. und Ihrer Churfuͤrstl. Gn. Zu Meintz Gesundheiten angefangen /
und dem Herrn Weißmantel zugebracht / welche Gesundheiten herumb gangen
/ und alle bescheid gethan haben. Der gantze discurs aber uͤber der Mahlzeit
wahre nichts anders als lauter klagen und lamētationes, wieder den
Freyherrn von Schmidburg / mit Erzehlzung aller derer Sachen / wie vorhingeschrieben
/ der Kaufmann von Saher ausgesagt hat. Berehrten mir ihr
in Truck ausgangenes Manifest, oder Deductions Schrifft / darinn werde ich
sehen / wie hart und unguͤtlich der Herr von Schmidburg mit der
Stadt Erffurd [sic] gehandelt habe / mit bitt / solches anch andern zu
Wien zu lesen zu Communiciren / und die Stadt mir am Kaͤys. Hoff
bestes befohlen seyn zu lassen. Welches ich auch / so viel an meiner Wenigkeit
gelegen / zuthun versprochen habe.
Nach dem Essen bringen sie mir einē andern
neuen Hut / welcher ihrem selbst Aussagen nach / 3. Thaler gekostet / aber nicht
werth ist / ohne Schnur / ohne Band / ohne Federn. Hingegē hat mein Castorhut /
so gantz neu gewesen / mit Daffent gefuͤttert / sampt der Hutschnur / Bendern uñ
Federn / 10. Thl. mein Degen und Wehrgeheng / darvon ich dato nichts mehr
gesehen / 10. Thaler gekostet. Meine Pistolen brachten sie mir wieder / davon eine
Pistol Capen verlohren war. Dem Hatschier bringen sie auch seinen Hut / Federn
/ Wehrgeheng und Pistolen / doch waren seine Pistolen zerbrochen / und
meinem Diener seinen Degen (Notandum dises Gewehr alles / hat der Georg
Weber Gaͤrtner gebracht)[.] Aber des Hatschiers Carbiner und Degen / meines
Dieners Pistolen uñ des Chur-Maintzischen Trompeters Pistolen seyn ausgeblieben
und im stich gelassen worden. Nach diesem kommen bey Zehen oder
zwoͤlf Vormunder / und andere aus der Stadt / die redeten mit dem Herrn Weißmantel
/ er soll von mir die Original Denunciationem und Declarationem Banni
nochmals begehren / sie woltens noch einmal gern sehen und lesen. Ich gibs
ihnen / sie lesens. Als sie es aber gelesen / und mir wider geben / sahe ich sie sehr
betruͤbt. Da sprach ich ihnen zu : Sie sollen sich nicht bekuͤmmern / es werde alles
wieder besser werden. Ich hette ihren Zustand zu genuͤgen vernommen /
ich wolte solches alles am Kaͤys. Hof hinterbringen. Das baten sie mich / also
zuthun[.] Nach ihnen kamen gantze Schaaren nach einander von Manns-und
Weibspersonen / Frauen und Jungfrauen / Processions weisse / daß grewliche
Thier (wie sie mich genennet haben) den Herold zusehen / nicht anders / als wañ
man einen armen Suͤnder zum richten ausgestellt hette / das wehrete biß zum Abend.
Entzwischen aber kompt einer Nahmens Christoph Meyer / der wolte
nicht glauben / daß ich als ein Herold von Wien ausgeschickt waͤre / examinirte
mich derowegen von vielen Sachen / unter andern / ob ich den Herrn Schrimpf
nicht kenne ? Wo er seye ? Wo er wohne / Und ob ich keinen / Dorsch / zu Wien
kennete ? Wer dieselben seyen ? Als ich ihm zu Genuͤgen geantwortet / und er
mit meiner Antwort zu frieden war / bathe er mich / ich wolte seiner wegen dem
Herrn Schrimpf / und beiden Herren Dorschē einen freundlichen Gruß ausrichten.
Worauf ich seinen Nahmen zu wissen begehrt / und selbigen mit einem Pleiweis
auf ein Papierlein notirt[.] Da scrupulirten die andern umbstehende / und
murmelten. Alsbald nahm der Scharsant Caspar Muth mir den Zedel aus
den Haͤnden / und gibt ihnen / mit vermelden : Da leset doch / so sehet ihr / was
er geschrieben hat. Sie leseten fast alle den Zettel [sic, should be same as Zedel] / und geben mir solchen
wider. Ich schieb den Zettel in Sack / und sprach : Lieben Leute / weilen ihr bedencken
an meinem Schreiben traget / so kann ich das schreiben wol bleiben lassen.
Der Herr Meyer nahm Urlaub / und als er auf die Gassen kommen / haben die
Waͤchter ihn angehalten und gefraget : Was er mit dem Herolden vorgehabt ?
Was er nach Wien vor Gruß aufgeben ? Ob er der Stadt Verraͤter seye ? und
was das alles bedeute ? wolten ihn prieglen. Mit harter Muͤhe und Entchuldigung
ist er ihnen ohne Stoͤsse entrunnen.
Bald nach ihme kompt ein Advocat,
kurtz und dick von Person / seines Alters von ungefehr bey 50. Jahren /
bleich von Gesicht / sehr trußig aussehend. Ich empfieng ihn. Er setzet sich
nider / und fraget mich : Ob ich nur von Ihr. Mayst. dem Kaͤyser allein / und von
denen saͤmptlichen 7. Chur-Fuͤrsten nicht auch Schrifftliche Paß und Concessiones,
dieser Stadt Acht Erklaͤrung halber / aufzuweisen hette ? Ich antwortete :
Ob dann Ihr Maͤyst. unser allergnaͤdigster Kaͤyser und Herr nicht
Herr im Roͤm : Reich [Ritch should be a typo] seye ? Er saget / ja freylich (Ich) So solle er dann
wissen / daß Ihre Kaͤys. Mayst. als vollmaͤchtiger Herr / ohne der andern Chur-Fuͤrsten
Vorwissen und Einwilligung / selbst Macht und Gewalt habe / ein oder
andere dergleichen Stadt in die acht [a-: sic, not capitalized] zu erklaͤren / zu dem Ende halten Ihre
Mayst. von zweyen Religionen den Reichs Hofrath / daß dergleichen Reichsstrittigkeiten
vor demselben ventilirt und decidirt werden / seyen also die Chur-Fuͤrsten
hierzu nicht von noͤthen. Er Advocat replicirte : Ich solle sagen / ob
ich von denen 7. Churfuͤrsten nichts aufzuweisen haͤtte ? Er verlangt weiter
nichts zu wissen. Ich sagete / nein / Ich seye von Ihrer Kaͤys. Mayst. geschickt
/ und nicht von denen Churfuͤrsten[.] Nun / saget er zu mir / seyet ihr und
alle ewere Sache falsch / gienge mit diesen Worten trutzig darvon. Ich fraget
den Scharsanten Caspar Muth / so neben mir gesessen / wer doch der Mann seye ?
Er sagt / ein Advocat, ein leichtfertiger boͤser Mensch / seine Reden bedeuten
nichts guts.
Ehe eine halbe Stund vorbey gienge / war das Zimmer voll
mit Leuten / daß nicht alle hinein konten. Sie stossen die Koͤpff zusammen /
und schauen mich grimmig an. Ich fragete wiederumb den Caspar Murth :
Herr / was bedeutet das ? Er saget / nichts guts : Ich solte mich wol in acht
nehmen / und ihnen gute Wort geben / es seye die hoͤchste Gefahr ? Ich erschrack
ob diesen Worten / und gedachte / mein Gott was thue ich ? (Ich hatte selbigen
Abend noch weg begleitet werden sollen / nun hats aber, wege der Menge
deß qvasi vom neuen rebellirent und zusam̃en geschlagenen Poͤffels /
nicht seyn koͤnnen) dessen allen der vorgemelte trutzige Advocat, ungezweiffelt /
einige Ursach ist. Ich fasse mir ein Resolution, und rede sie also an : Meine
Herrn / ihr seyet zimlich viel allhie / was bedeutet es ? Sie antworteten trotzig :
Ich solte ihnen wider aus dem Elend helffen / worinn ich sie gesetzt habe / oder
die Sach wuͤrde uͤbel hergehen. (Ich) Ja hertzlich gern / ich habs ja schon
vielen gesagt / wie ich euch am Keyserlichen Hof dienen / und wie hart mit euch
procedirt worden / an Tag geben wollen. (Sie) Was ich dann denen andern
gesagt hette / ich solls ihnen auch sagen. (Ich) Ja gern wil ichs euch auch erzehlen
/ wie euere Sachen stehen / allermassen ichs von euweren [euw-: sic] Raths Herren / und
andern gehoͤrt und gemerckt habe. Nun hoͤret mich. Sie sagen / ja wol / wir
wollen hoͤren. [Herald's speech.] (Ich) An all ewerem Ungluͤck ist Principaliter schuldig /
der Kaͤys. Commissarius Freyherr von Schmidburg [See below Tettau's article.] / welcher von der
Stadt nicht allein herrlich / sondern Fuͤrstlich mit viel tausend Thaler
Unkosten tractirt worden / daß er von der Stadt Mitteln 12643.
Reichsthaler paar Geld / Item 12. Silberne und verguͤlte Becher / jeder
bey einem Marck schwer empfangen / in der Stadt hin und wider bey
1500. Reichsthaler Schulden gemacht / hernach darvon gereist / niemand
bezahlt / und selbige Schuld auch der armen Stadt zu bezahlen
aufgebuͤrdet / so gleichwol eine schoͤne Summa Gelds antrift / zu diesem
allen habe er der Stadt nicht allein nichts genutzet / sondern zu ihrem
hoͤchsten Schaden uñ Verderben / mit seinē gewissen adhærenten gantz
unguͤtitch commissirt und gehauset / ihnen der Buͤrgerschaft nicht einmal
ein gutes Wort verliehen / sondern mit uͤbeln Schmehworten angefahren
/ auch allzeit mit hencken uñ koͤpfen gedrohet / am Kaͤys. Hoff
ungleichen Bericht eingeben / Euch / daß ihr daselbst nit gehoͤrt worden /
verunglimpffet hatte / welches harte procedere euere Gemuͤther nicht
wenig gekraͤncket und geaͤngstiget / conseqventer auch zur schuldigstē
parition aus innerlichen Schmertzen mehr verbittert gemacht / als beweget
habe / wie ich solches alles von vielen Erffurtern also klagen / uñ
erzehlen hoͤren / daß ich solches am Kaͤys. Hof gebuͤhrend hinterbringen
wolle / welches ich auch zu thun / bey meinen Ehren / glauben uñ trauen
hiermit gelobe / und verspriche / ltem daß ich auch von dem allhiesigem
Rath und Buͤrgerschaft alle Ehr und Hoͤstigkeit empfangen / wañ sie
nicht gewest / und mich in ihren Schutz genom̃en hetten / daß ich sicher
von dem schwuͤrigen Boͤfel / und gemeinen Leuten gar todt geschlagen
were / welches ich zu ruͤhmen nicht unterlassen werde.
(Sie) Ob ich ihnen
dieses Schrifftlich geben wolte. (Ich) ja. Gedachte bey mir : Thun ichs
nicht / so machen sie mich sampt den meinigen todt. Dann sie waren grimmig.
Habe derowegen zu Salvirung Leib- und Lebens / aus gezwungener Noth / denen
Vierteln / Handwerckern / und denen vor den Thoren (dann also nenneten sie
sich) Schrifftlich unter meiner Handschrift / und Pittschaft attestiren muͤssen / allermassen
hiervor stehend geschrieben ist. Als ichs su Papier gebracht / hab ichs
ihnen abgelesen / fragend : Obs also recht seye ? Sie sagten / ja. Ihr Notarius
aber / so zugegen ware / soll es auch ablesen. Er lase das auch ab. Sie geben
mirs wider. Da wurf mirs der Georg Weber Gaͤrtner auff den Tisch hinein /
ich solts noch einmal ablesen. Ich lasse es zum dritten mal ab / und frage sie :
Seyd ihr also damit zu frieden ? Sie sagen / ja / wann ichs also unterschreiben
und verfertigen wolte. Ich / alsbald unterschreibs / verfertigte es mit meinem
Pittschaft / und gibs ihnen dahin.
Da fiengen sie an zu schreyen : Nun sey
Gott Lob / daß wir einen guten Herren einsmals bekom̃en haben / der
es mit uns armen Leuten treu- und redlich meint. Sprechen theils mit
uͤbergangenen Augen : Mein Herr Herold / der liebe Gott bewahre uñ
beschuͤtze euch auf euerer Reiß / vor allem Leid / ob Ungluͤck / wir wollen
fleissig vor euch beten / und euch alle Tag in unser Gebeth einschliessen[.]
(ICH) liebe Leut : Seyd doch getrost / nun sehet ihr gleichwor an mir /
daß Ihre Kaͤys Mayst. auch treue Leut haben / ich will euch noch mehr
dienen / als dieses / daß ihr mich loben werdet. Und in deme nahmen sie von
mir Urlaub und trucketen mit aus Affection, einer nach dem andern die
Haͤnd / daß ichs ziemlich empfundē habe. Giengen also mit hoͤchstem Trost
darvon. Als sie nun weg waren / sagte der Scharsant Caspar [here roman font is not used] Muth zu mir : Herr
nun stehē wir sicher / ich schwere dem Herrn / hette er diß nicht gethan / so waͤre es
mit ihme heut Nacht gefaͤhlich hergangen. (Ich) Wie da ? (Er) wir hetten
euch niedermachen musͤsen / oder wir waͤren von den Boͤffel sampt euch /
alle er schlagen worden. Deßgleichen sagt auch ein anderer zum Hatschier. Notandum,
Dieses mein vi, metuq; propter præsentaneum vitæ periculum, abgetrungen
/ und ausgehendigtes Attestatum, auch das vor ihnen hiervor sub A.
mir gezwungener weiß aufgetrungenes Instrumētum, wegen vermeinter Revision,
hab ich hernach allhier zu Wuͤrtzburg coram Notario & Testibus, wiederumb
ordentlich revocirt und annullirt, ihnen Erfurtern auch solche meine
revocation, sampt deß Notarii daruͤber auffgerichten Instrumento, schrifftlich
uͤberschicket / daß sie sich dessen zu einigem ihrem Behuͤlff keines Weges bedienen
koͤnten / noch solten.
Uber dieses kamen zweene Buͤrger mit Befehl vom Hr.
Obr. Vierhern Fischer / und vom Herrn Major : Sie solten uͤber Nacht bey
mir im Schieshaus verbleiben / und neben dem Scharsanten Caspar Muth
fleissige Obacht haben / daß mir kein Leid oder Ungelegenheit weiters
wiederfahre / welches sie auch / (wie hernach zuvernehmen seyn wird)
gethan haben[.] In deme bringt man zu essen / ein Scheysenbruͤhe Fleisch / ein
Schuͤssel mit Kohl / Brod / und ein gantzen Eimer braun truͤbs Bier. Das war
fuͤr die Waͤchter. Vor mich und die meinigen nichts. Ich war sehr durstig / von
continuirichen Reden / hette gern Brihan gehabt. Ich konte aber / wegen spaten
Abends umb mein Geld nichts mehr bekommen. Vor hartem Durst muste
ich doch vom dicken Bier zweymal trincken / wolte ich auch anders die
Wacht nicht offendiren / ihnen Bescheid zu thun. Sie waren beym truͤben
Bier lustig / ich aber traurig / das wehrete biß umb 12. Uhr. Sie machten mir
die Strey / da gieng ich mit meinen Leuten ruhen. Sie aber liessen nicht ab zu
trincken / biß der Eimer Bier gar aus waͤre. Da wurden etliche voll / und hebeten
nach 1. Uhr in der Nacht ihrer zwey mit eina[n?]der Haͤndel an / scholten einander
/ und kommen zum blossen Degen. Ich sprach aber den beeden Buͤrgern
zu / so das Commando hetten / bathe sie ums Gottes willen ; Sie solten doch
Friede machen. Welches sie gethen. Der Scharsant aber schieffe. Da
sprach der eine Buͤrger zu mir heimlich : Die seynd zwey rechte Schelmen gewest
/ es ware nur auff den Herrn angesehen ; Sie schliessen hernach ein. Ich
aber wachte fleissig.
[The third day.] Als nun die Glock 5. Uhr geschlagen / seyn wir alle auffgestanden.
Da unterredete sich der Scharsant mit denen Buͤrgern / wie sie
mich sicher fortbringen koͤnnten. Und berathschlagten sich / geschwind noch vor
Tagliechts / und ehe das Thor geoͤffnet wuͤrde / sollen sie mich und die meinigen
der Scharsant mit 6. bewehrten Buͤrgern zu Fuß / biß ins Dorff allwo mein
Wagen und Pferd gehalten haben / und von dannen auf ein viertel Meilwegs
begleiten. Die andern Buͤrger aber haben die Waͤchter erhalten / daß
keiner mitkommen doͤrffen / dann es war ihnen nicht zu trauen. Wie dann
ihr zwey zusammen redeten / als ich und der Hatschier uͤber die Stiegen hinab
giengen : Ho ho / wartet nur / ihr seyd noch nicht darvon / es wird noch wol geschehen
/ was geschehen hat sollen. Wier [sic] giengen aber in Gottes Nahmen fort /
wurden von dem Scharsanten / und 6. Buͤrgern auf ein viertel Meil weit / uͤber
2. Wasser begleitet. Da wir von einander Urlaub genommen. Ich mein gethanes
Versprechen der Stadt zum besten nachmahlen sincerirte / dem Scharsanten
4. halbe dicken Thaler geschencket / und als sie von uns weg waren / dem
Gutscher befohlen habe : Fort / fort / ein starcken Trab zu fahren / nirgends einzukehren
/ alle 6. Meilen biß nacher Muͤlhausen. Welches auch geschehen. Als
ich Gott Lob zu Mittag zu Muͤlhausen gluͤcklich angelangt / kompt andern Tags
die Zeittung von Dorff Wittern / so zwey Meil von Erffurt entlegen : Daß die
Erffurter mir bis nach Wittern nachgejaget / in Meinung mich daselbst beym
Fruͤhstuͤck zu finden / und wider nach Erffurt einzuhohlen. Als sie mich aber
nicht mehr gefunden / hetten sie ihren Marsch zuruͤck nach Erffurt genommen.
Welches alles ich hiermit warhafftig attestire / und diese meine gehorsambste
Relation mit Handschrift und Bittschaft bekraͤfftige. Datum Wuͤrtzburg den
18. Octobr. Anno 1663.
L.S. Jacob Lydl. von Schwanaw /
Kayserl. Reichs-Herold.
E N D E.
Sub A.
[The following text is taken from the text version of Source text c,
Sub A., Sig. Aff. (In this print, it has two same texts, one is Sig. A and the other is Sub 8. Does it mean the book comprises separately printed partials?) and collated with
Source text d, pp.944ff.]
A.
Im Nahmen der Heiligen ond Hochgelohten
Dreyfaltigkeit / Amen.
ZV wissen sey hiemit jedermaͤnniglich / denen
dieses gegenwertige offene Instrument zu sehen
/ lesen / oder hoͤren lesen vorkompt / daß im
Jahr nach Christi vnsers einigen Erloͤsers /
vnd Seligmachers Gebuhrt 1663. in der ersten
Roͤmer Zinßzahl zu Latein Indictio genandt / bey Herrsch:
vnd Regierung deß Allerdurchlaͤuchtigsten / Großmachtigsten
/ vnnd vnuͤberwindligsten Fuͤrsten vnd Herrn / Herrn /
LEOPOLDI deß ersten dieses Nahmens &c. Jhrer Kaͤys.
Mayst. Reiche deß Roͤmischen im sechsten / deß Hungarischen
im neunten / vnd deß Boͤhmischen im siebenden Jahre
Donnerstags war der 24. Sept. 4. Octob. nachmittag vmb
drey Vhr in dem Hauß zum Faͤssigen in der Futtergassen allhier
zu Erfurt / vnd in dessen hinderstube nach dem Hofe zu /
wohin wir Endsbenandte Notarij zu kommen sonderbahr
requirirt worden / die Herrn Vormunder der Viertel der
Handwerckern vnd deren vor den Thoren erschienen / vnnd
im Nahmen jhrer Viertelsgenossen / Companen / vnnd der
Gemeinen gegen vns / vor vnd anbracht.
Wie in deme von Jhrer Roͤm. Kaͤys. auch zu Vngarn
vnd Boͤheimb Koͤnigl. Mayst. Sub dato Wien am 28. Julij
dieses Jahrs allergnaͤdigst außgefertigten / vnd am 18. Septemb.
auffhiesigem Rathhause durch Notarien vnd Zeugen
nachmittage vmb drey Vhr insinuirten Pænal-Mandat ersehen
/ daß der gantz-Gemeinde zu Erffurt Meldung gethan /
vnd derselben die Parition deren darinnen begriffenen Præstationen
imponirt werden woͤllen.
Weil dann sie sich nit zu erinnern haͤtten / daß sie eintziges
mahl solcher Præstationen halber waͤren requirirt, oder ihren
Consens zu adhibiren ersuchet worden / massen sich dann ex
protocollo Senatus heutiges Tags manifestiret, daß wie
erstgedacht / die gantze gemeine Burgerschafft ihren Consens
niemals præstiret, sondern etwan von Rathsgliedern vor
sich in die Parition precum consentiret worden / also sie die Gemeinde
sich dieses Puncts halber hoͤchst gravirt befinden thaͤtē
/ daß sie als unschuldig-Leuthe propter causam sibi ignotam
in Gefahr durch comminirte Acht vnnd andere Pœnen gesetzt
werden wolten / derowegen sich eines Medij suspensivi
zu gebrauchen verursachet wuͤrden / bevorab will jhnen vermoͤge
Instrumenti Pacis das heylsame Mittel Supplicationis
& Consequenter revisionis §. 12. n.20. V. quo ad Processum.
Zu Guͤte vnd zu an Tagbringung ihrer Vnschuld geordnet
vnd zugelassen were / als wolten sie sich auch dessen intra decendium
hiemit gebrauchen / ihre Gemuͤts Meinung eroͤffnet
/ vnd dahin geschlossen haben / daß sie eine vnterthaͤnigste
Supplication an hoͤchstgedacht. Jhre Kaͤys. Mayst.
ehist abschicken / vnd rechtlich zugelassene Revision bitten wolten
/ erforderten vnd betten demnach vnd zwey Notarios publicos:
daß wir solch jhr vorbringen annotiren ein oder mehr
Instrumenta vmb zimbliche Gebuͤhr verfertigen vnd außhendigen
zu vnterstellen legitimo modo die vns adjungirte vnnd
nachbenandte vier Zeugen daruͤber requiriren vnd alles thun
wolten / was sich dißfals zuthun gebuͤhrte.
Welches wir den ratione officii abzuschlagen nicht vermoͤcht
/ sondern vns willig darzu verstanden alles wie vorstehet
fleissig notirt vnd protocollirt, vnd in gewoͤhnliche Instruments-Form
zu redigiren vns resolviret, geschehen seynd diese
Dinge wie obgemeldet in Persoͤhnlicher Gegenwart Herrn
Ioannis Andreæ Losani, Ioannis Heinerts / Georgij Quirini
Silberschlags / vnnd Christiani Henrici Wagners LL ·
Studiosorum als von vns hierzu sonderlich erbettenen
Zeugen.
L.S. L.S. L.S. L.S.
M. Ioannes Grafe Notarius
publ. Cæsareus & Erffurtensis
Universitatis Secretarius
ad præmissa specialiter requisitus
scripsit subsignavit &
subscripsit.
Stephanus Hoffmannus N.
C.P. & LL. Studiosus adhæo
præmissa requisitus atque regatus
subscripsit & subsignavit.
Lydl's letter to the City of Erfurt notifying the anullation of his Declaration he was forced to do
[The following text is taken from the text version of Source text c, Sig A ii+1p.ff and collated with
Source text d, pp.945ff.]
Edle / Ehrnveste Achtbare vnd Weise insonders
geehrte Herren.
DJe Herren werden sonders allen Zweifel in vnentfaͤllenen
angedencken tragen / wie daß dieselbe
mir nicht allein ein Instrumentum einer
vermeynten Revision, wider die von der Roͤm.
Kaͤys. Mayst. auff gebuͤhrende Nachfol: vnd
Ersuchung Jhrer Churfuͤrstl. Gn. zu Maͤintz / wider dieselbe
/ vnd einer gantzen Buͤrgerschafft / oder Gemeinde der
Statt Erffurt aller gerechtest erkennt / vnd durch mich / als
Kaͤys. Reichs-Herolden gebuͤhrend insinuirte declarationem
& Denunciationem in pœnam, mir auff: sondern zugleich
auch die hartneckige / mit hintansetzung alles geziemenden
hoͤchstschuldigsten Respects, gegen der Roͤm Kaͤys. Mayst.
vnserm Allergnaͤdigsten Kaͤyser vnd Herrn / gantz verwildete
Burgerschaffte [Burger-: sic] oder gemeiner Poͤffel / ein Attestatum gewalthaͤtig
abgetrungen / vnd gleichwie nun solches alles / als
vi metuque extorta, an jhme selbsten gantz vnkraͤfftig vnd vnbuͤndig
ist / jedoch damit niemand jhme die Gedancken fassen /
oder jhme vergebentlich einbinden moͤchte / als ob man dardurch
/ wider mich / oder jemand andern / als sonsten uͤber die
Gebuͤhr einig anders Jus damit erlangt haͤtte. Als habe ich
auch / vnerachtet es bey so an ihme selbsten bekandter Nullitaͤt
gantz von vnnoͤthen gewesen / doch zu Verhuͤtung / darauß
de facto befahrenden Vngelegenheiten / vnd uͤblen consequentien,
dann auch zu meiner hoͤchstnothwendigster Exculpation
derentwegen etwan bey der Roͤm. Kaͤys. Maͤyst. [Maͤ: sic]
mir entstehenden vngemachst / habe ich zum Vberfluß diß /
solches alles / coram Notario & testibus tanquam vi metuve
extorta zu revociren nicht vndienlich zu seyn erachtet / in
massen auch vermoͤg beyligenden Instrumenti geschehen / welches
ich denen Herren zu deroselben nachrichtlichen wissen
hiemit bey schliessen / vnd benebenst gegen ihnen / daß ich
mich deß jenigen / was mir also gewalthaͤtig auff: vnd abgetrungen
worden / weiters vnd mehrers nicht / als mir sonsten
tragenden meines Herolden-Ampts Verrichtungen wegen /
gebuͤhret vnternehmen werde / contestiren wollen / noch sie
ein solches mir zu vngleichen auffnehmen werden / Datum
Wuͤrtzburg den 23. Octobris, Anno 1663.
Der Herren
An
Ober-Rathmeistern / Ober-Vierherm
vnd Regierenden Rath der Statt
Erffurt abgangen.
Dienstwilliger
Jacob Lidl von Schwanaw Kaͤys.
Reichs-Herold.
The anullation of his Declaration Lydl was forced to do
[The following text is taken from the text version of Source text c, Sig A iij+1p.ff. and collated with
Source text d, pp.946ff.]
Im Nahmen der Allerheiligsten vnzertheilten
Dreyfaltigkeit Gottes Vatters / Sohns
vnd Heiligen Geistes / Amen.
RVnd vnd offenbahr seye Jedermaͤnniglichen
durch diß gegenwaͤrtig Instrument, daß im
Jahr als man von der seligmachentē Geburt
JEsu Christi gezehlet / sechtzehenhundert vnd
drey vnd sechtzig / den 23. Octob. St. N. in der ersten
Roͤmer Zinßzahl zu Latein Indictio genannt / bey Herrschung
vnd Regierung deß Allerdurchleuchtigsten Großmaͤchtigsten
vnd Vnuͤberwindlichsten Fuͤrsten vnd Herrns /
Herrn Leopoldi / dieses Nahmens deß I. erwoͤhlten Roͤm.
Kaͤyser zu allen Zeiten mehrern deß Reichs / in Germanien /
zu Hungarn / Boͤheimb / Dalmatien / Croatien und Sclavonien
Koͤnig / Ertz-Herzogens zu Oesterreich / Hertzogens zu
Burgund / Steyer / Kaͤrnten / Crain vnd Wuͤrttenberg /
Grafen zu Tyrol und Habspurg / &c. Vnsers allergnaͤdigsten
Fuͤrsten vnd Herrns / Jhro Maͤyst. Reiche der Roͤm. im sechsten
/ deß Hungarischen im neundten / vnd deß Boͤheimischen
im achten Jahren; zwischen zehen und eylff vnd zwoͤlff Vhrn
Vormittag vff Jhro Chur-vnd Hochfuͤrstl. Gn. Residentz
Schloß Marienberg / dero Mittel vnd instruments Zimmer
gegen Him̄elpforten hinab sehend / vor mir Notario vnd denen
zu Endtgemelten / glaubwuͤrdigen Gezeugen persohnlich
erschienen ist / der Wohl Edle und Gestrenge Herr Jacob
Lydl von Schwanau / Kaͤys. Reichs Herold / vnd brachte vor /
wie nehmlichen dieselbe im declarationem vnd denuntiationem
von Jhro Roͤm. Kaͤyserl. Maͤyst. an die Statt Erfurt
erkennten Acht zu publiciren und zu verkuͤndigen / allergnaͤdigst
befelcht / vnd vbergab mir Schedam revocationis aller
voruͤber passirten Handels / welcher von Worten zu Worten
also lautet;
Demnach in Executions Sachen Chur Maͤyntz wider
dero vngehorsamen Statt Erfurt vnd Burgerschafft / von
einer in Sachen verordneten Kaͤyserl. Executions Commission,
Jch Jacob Lydl von Schwanau / als Kaͤyserl. Herold /
nacher gedachter Statt Erffurt / wegen deroselben beharrlichē
hartneckigen Vngehorsambs / declarationem & denuntiationem,
von der Roͤm. Kaͤyserl. Maͤyst. erkennten Acht / vermoͤg
derenthalben an wohlgedachte Commission gemessen abgangen
/ Kaͤyserl. Allergnaͤdigsten Befelch / gebraͤuchlich zu publiciren [-ciciren should be a typo]
vnd zu verkuͤndigen / von Muͤhlhausen auß den 7. diß
instehenden Monats Octobris abgeschicket / vnd den 8. dessen
daselbst ankommen / vnd weilen bey dem Thor Jch nicht eingelassen
/ von der daselbst in etlich hundert starck versambleten
bewehrten Burgerschafft sehr vbel mit allerhand Verbal vnd
Real injurien, auch Schlaͤgen vnd Stoͤssen hoͤchstaͤr gerlichst
tractiret, vnd in den Kopf biß auffs Blut vergiessen verwundet
/ dann von dem Pferd herunter auff den Boden getwaltthaͤtig
gezogen / mit Fuͤssen getretten / ferner in das Schießhauß
vor der Statt geschleppet / daselbsten von 50. bewaffneten
Buͤrgern zwey Tag vnd Nachtlang / als der aͤrgste maleficant
verwahrt / publice quasi cum concursu populi, von
Mann vnd Weibspersohnen exponirt, verhoͤhnet vnnd verschimpffet
/ mehrmal examinirt worden / darbey auch alles
vnd jedes / was gedachte auffruͤhrische Rebellische Burger
an mich begehrt vnd verlanget / denselben gut sprechen / vnd
ob præsentaneum summum vitæ & mortis periculum, was sie
mir nur zugemuthet zu exequirn versprechen muͤssen.
Vnder andern auch mir ein Schrifft / was wegen eins:
oder deß andern / absonderlich auch / wegen gedachter Statt
Erffurt Burgerschafft angewendten Vnschuld am Kaͤyserl.
Hof zu Wien bey meiner Zuruckkunfft ich anbringen / vnd gedachter
Statt zu gutem oder bestem sollicitirn vnd verhelffen
solle vnd wolle / mir ab:
Herentgegen ein andere Schrifft / worinnen die Statt
wider die allergerechteste Kaͤys. Iudicata vnd Erkantnussen [-sseu should be a typo] /
besonders aber Contra mir zuverrichten anbefohlene declarationem
vnnd denuntiationem banni mit Vorbehalt aller
beneficiorum Iuris eine vermeinte revision zu suchen / sich vermessen
doͤrffen / mir mit Gewalt auffgetrungen worden.
Vnd so wohl gedachter Ersten durch mich außgehaͤndigten
Schrifft extradition, als auch der andern durch die
Burgerschafft gewaltthaͤtig mir auffgetrungenen Schrifft
acceptation (hab ich anderst der gegenwertigen Todes Gefahr
entgehen / vnd mein Leben salviren wollen) geschehen
muͤssen.
Auch obwohln nun solches alles tanquam vi metuque
instantis periculi vitæ & mortis extorta an sich selbsten gantz
vnkraͤfftig / vnnd in rechten vnverfaͤnglich oder vnguͤltig
seynd; Nichts desto weniger damit die Statt /oder gedachte
Rebellische Burgerschafft Jhrer gewoͤhnlichen boͤsen Arth
nach jhnen auch einbilden / vnd die Gedancken fassen moͤchten
/ als ob jhnen durch besagte mir gewaltthaͤtig ab: vnd
auffgetrungene Instrumenta seu documenta, vnd darbey
durch mich gethanes Versprechen vnnd Zusagen auff mich
oder jemand andern / oder wie es sonsten auch immer seyn /
oder erdacht / vnd ersonnen werden moͤchte / einiges bestaͤndiges
Jus zu kommen oder zu gewachsen were.
Als habe ich auch zu Verhuͤtung dessen alles / wie auch
all andern vnd jeder darbey befahrender ichtwann einbildenten
/ beschwerlich Vngelegenheiten & Juris & facti, vnd darauß
machenden vbelen Consequentien zugleich nicht vndienlich
zu seyn erachtet. Obberuͤhrte mir gewalthaͤtig ab: vnd
auffgetrungene instrumenta seu documenta, vnd was Jch
darbey auß hoͤchster Noth / zu Salvirung meines Lebens gedachter
Burgerschafft zu Erffurt getrungener massen zugesagt
vnd versprochen / hiermit vor euch hierzu requirirende
Herrn Notario, sampt darzu erbettenen Gezeugen best
bestaͤndigster Form Rechtens / wie es immer der Sachen erforderten
Vmbstaͤnden nach am dienlichsten geschehen soll /
kan vnd mag zu revociren / vnd alles vnd jedes tanquam vi
metuque extorta zu widersprechen / auch gedachtes Instrumentum
der angehenckten vermeinten revision dem Rath daselbst
wiederumb zuruck zu schicken / herentgegen mein außgehaͤndigtes
attestatum wiederumb darvon abzufordern. Jn
gestalten dann Jch solches alles vnd jedes / wie obvermeltet /
tanquam vi metuque extorta, ich hiermit bestaͤndigst wider
spreche vnd revocire, auch zumahl mich erklaͤre / was mir mit
Gewalt ab- vnnd auffgetrungen worden / respectivè dem
Rath wiederumb zuruck zu schicken / vnd herentgegen abzufordern.
Mit freundlicher Bitt / daß er Herr Notarius, sampt hier
bey anwesenden / absonderlich hierzu erbettenen Gezeugē / dessen
alles wohl ingedenck seyn / ad notam nehmen / auch zu protocoll
bringen / vnd ein: oder mehr Instrumenta daruͤber
auffrichten / vnnd mir gegen der Gebuͤhr zu Handen
stellen wollet / zu den Ende dann Jch hiermit dieselbe
nachmahlen bestendigst requirirt vnnd erbetten haben
will. Actum Wuͤrtzburg auff dem Fuͤrstl. Bischofflichen
Residentz Schloß Mariæburg den 23. Octobr.
Anno 1663.
Jacob Lidl von Schwanaw Kaͤys.
Reichs-Herold.
VNd nach Ablesung alles dessen in Gegenwart beyder
Gezeugen wolte wohl Edelgedachter Herr Herold
mich Notarium Instanter, instantius & instantissimè
requirirt und gebetten haben / Jhme hieruͤber dieser seiner
gethanen Revocation vnnd Widersprechung alles
dessen Jnnhalts gemeeß / ein: oder mehr Instrumenta,
solche an gehoͤrigen Orthen habent zu gebrauchen vffzurichten
vnnd vmb die Gebuͤhr mitzutheilen / welches
dann ich Notarius Ampts-halber gebuͤhrend zu thun zugesagt
vnnd bewilliget / derowegen dann auff so beschehene
Requisition diese gegenwaͤrtige offene zwey Instrumenta
verfertigt vnd mitgetheilt. Geschehen seynd diese
Ding im Jahr Indictione Kaͤyserl. Regierung / Monath /
Tag / Stund / Orth / vnd Enden wie obstehet in Gegenwaͤrtigkeit
der zu End selbst eigenhaͤndig vnterschriebenen hierzu
insonderheit erbettenen glaubwuͤrdigen Gezeugen neben
jhren auffgedruckten Pettschafften.
L.S. Wann dann ich Matthæus Geering
Imperiali Authoritate juratus Notarius,
auch Hoff: vnd Landgerichts
Procurator in Wuͤrtzburg mit vnd
neben denen unterschriebenen Gezeugen
bey diesem actu revocationis
vnnd Beschwerungen / auch allen
andern obgesetzter Massen solenniter
fuͤrgangenen Dingen Persohnlich gewesen / solches alles
gesehen vnd gehoͤrt / darauff sobalden ad notam genommen /
als habe auff beschehene requisition daruͤber diß Instrumentum
publicum durch meinen substituten auß anderer Geschaͤfftenhalber
in gegenwaͤrtige Libellsform originaliter in
duplo ingrossiren vnd außfertigen lassen / meinen Tauff- vnd
Zunahmen vnterschrieben / vnd mit privilegirten Signet bezeichnet
/ auch endlichen zu mehren Gezeuchnuß mit meinem
Gebraͤuchigem Notariat Pettschafft Corroborirt, vnd bestaͤttigt;
Ad hæc omnia ex officio specialiter rogatus & requisitus.
L.S.
Matthæus Geering Notarius in fidem
præmissorum rogatus subscripsit Sigillove
monivit.
L.S.
Johann Veit Brenner Burger vnd Handelsmann
in Wuͤrtzburg / als hierzu insonderheit beruffener
Zeug bekenne wie obsiehet.
L.S.
Andreas Noͤtzel Burger vnd Goldschmidt
in Wuͤrtzburg als hierzu insonderheit
beruffener Zeug bekenne wie obsiehet.
Sub F.
[The following text is taken from the text version of Source text c,
Sig. B + 2p.ff. and collated with
Source text d, pp.943ff.]
F.
Instruction, wornach sich Herr Kaͤyserl.
Reichs Herold bey Verkuͤndung der Reichs-Acht
in Erffurt zu richten.
I.
NAchdeme jhme von der Kaͤyserl, Commission
die declaratio vnd denunciatio banni in origigali
nebenst viertzig vidimirten Copeien eingelifert
/ selbige gebuͤhrend zu insinuirn, vnd daruͤber
seine Relation zuver instrumentiren wird /
Er sich nebenst einem Kaͤyserl. Notario: Hatschier / zween
Trompetern / vnd drey Einspenningern kuͤnfftigen Sonntags
fruͤhe nach der Statt Erffurt begeben / daselbsten bey den
regierenden Ober Raths Meister Berringer / oder Vierherrn
Fischern / oder in deren Abwesenheit juͤngsten Raths Meister
Vierherrn / oder Rathsverwandten anmelden / wie er Rath /
Raͤth / Vormuͤndern von Vierteln / Handwerckern / vnd deren
vor den Thoren auch der gantzen Gemeinde der Statt Erfurt
einige Kaͤyserl. Befelche zu publiciren, vnd zu denuncirē [-cijre[n] should be a typo]
haͤtte / mit begehren / daß obgemelte von Rhat vnd Burgerschafft
vff einen gewißen Tag / Orth vnd Stund zu solchenn
actu publicationis & denunciationis beruffen werden moͤchtē.
2. Vff deren Erscheinung in vollkom̄ener Versamblung
die Kaͤyserl. declaration und denuntiation auß dem original
verlesen / vnd nach vorgangener agnition eine vidimirte Copey
an das Rathhauß anschlagen / vnd die andere Exemplaria
authentica Rhat / Rhaͤten vnd Vormundern / auch gemeinen
Burger zustellen.
3. Fals aber von den Obern die gesuchte Versamblung
deß Raths / Rhaͤten vnd Vormundern / auch gantze Gemeinde
verweigert vnd abgeschlagen werdē wolte / so dann die Kaͤy.
processen in vidimata Copia zweyfach am Rath- vnd Zollhauß
anschlagen / hin vnd wieder in der Statt außwerffen / vnd
demnach seines Wegs wiederumb hinauß reiten / vnd wie die
Verkuͤndigung beschehen / der Kaͤys. Commission schrifftlich
hinterbringen lasse.
4. Jm fall aber Herr Reichs Herold in die Statt zu kommen
gar nit vermoͤchte / oder eingelassen zu werden / die Wacht
difficultirn solte / alsdann haͤtte er zu warten / was vor eine resolution
jhme vom Rath oder Burgerschafft wegen gegeben
wuͤrd / vnd darauff in seinem Heroldischen Habit dem Officirer
der Wacht anzukuͤnden / was fuͤr Kaͤys. Befelche er Rath /
Raͤthen / Vormundern vnd Burgerschafft zu publicirn allergnaͤdigst
befelchirt / vñ da er dañoch nit eingelassen wurde / gemelten
Officir selbige in originali vorzuzeigen / deutlich zu verlesen
/ vnd nach recognoscirten Kaͤys. Secret Insigel authenticas
copias davon außzuhaͤndigen / mit begehren dieselbe seinen
regierenden Obern wohl einzulieffern.
5. Solte sich auch der Officirer zu anhoͤren vnnd auffnehmen
der Kaͤys. Befelchen nit verstehen wolle / alsdann
hette Herr Herold der Schiltwacht solche zuzustellen / oder an
das Schilterhauß nach vorhergangener offentlicher Verlesung
copialiter anzuschlagen / oder da auch der Anschlag verhindert
wuͤrden / die beglaubte Copeyen vff den Schlagbaum
nieder zu legen / vnd den Vmbstehenden Buͤrgern verschiedene
Exemplaria zuzuwerffen / vnd darauff sich wieder zuruck
zu begeben. Vrkuͤndtlich vnserer eigenhaͤndigen subscription
vnd hievor getruckter Pittschafft / so geschehen Muͤlhausen
den 26. Sept. vnd 6. Octobr. Anno 1663.
Zu der Erffurtischen Executions Sachen verordnete
Commissarij vnd wuͤrckliche Reichs
Hof-Raͤthe.
L.S.
Johann Chriftoff / Freyherr
von Schmidburg.
L.S.
Johann Jacob von Goppold.
The event explained by a modern author
[The following text is taken from the text version of Tettau, Wilhelm Johann Albert von,
"Die Reduction von Erfurt und die ihr vorausgegangenen Wirren (1647-1665) : nach meist handschriftlichen und amtlichen Quellen dargestellt / Ein Vortrag gehalten in der öffentlichen Sitzung der Königl. Akademie gemeinnütziger Wissenschaften zu Erfurt am 22. März 1863", in
Jahrbücher der Königlichen Akademie gemeinnütziger Wissenschaften zu Erfurt, Neue Folge,
Heft III., 1863, pp.1ff.,
pp.121ff.
I also incorporated the errata, pp.340ff. I corrected typographical errors due to the OCR system misrecognition, but there may still exist such errors. Please consult printed version for academic purpose.
Here I transcribed this text to get better understanding to the texts above.
Since there are too many typographical errors, I corrected it without giving any notice.
Here is another copy: Jena Univ..
Among the cited sources, these seem to be not available online:
Westermann, Johann Caspar Cum Deo. Erfurt Chronik 400-1716;
Friese, Siegmund, Antiquitates Erfurtenses oder Chronika von der Stadt Erffurth;
Gerstenberg, Johann Heinrich, Novantiqua Erfordensia industria congest. See
Chroniken - Archivportal Thüringen.
See also pp.92-5. See further also
Heft I., 1860,
pp.3ff.,
pp.137-8.]
Es war nämlich auf den von den kaiserlichen Commissarien
nach ihrer Entweichung von Erfurt erstatteten Bericht unterm 28.
Juli 1663 vom Kaiser das bereits oben erwähnte Mandat erlassen,
in welchem dem Rath, den Vormündern und der Bürgerschaft der
bisher bewiesene Ungehorsam und die Verachtung der kaiserlichen
Autorität, insbesondere die an Limprecht verübte Gewaltthätigkeit
nachdrücklich vorgehalten, und denselben eröffnet wurde, dass, obwohl
voller Grund vorhanden sei, schon jetzt mit der ganzen Strenge
des Gesetzes gegen sie vorzugehen, ihnen doch noch eine endliche
achttägige Frist gewährt werden solle, um die unterm 4. April ej.
ergangenen Befehle zur Ausführung zu bringen, dass sie aber entstehenden
Falls in die Reichsacht und aller ihnen ertheilten Privilegien
und Gerechtigkeiten verlustig erklärt werden würden. 306)
306) Das Kaiserl. Mandat vom 28. Juli 1663, vid. Beil. e. Die mehrfach u. a.
in Uffenbach Tract. de concil. Caes. Imper. aulic[.] Cap. XXIV. sect B. [In this copy it is actually sect III.]
p. 276 abgedruckten, dasselbe Datum tragenden drei Erlasse in der Exekutionssacbe
des Churfürsten zu Mainz wider die Stadt Erfurt enthalten
ein Versehen, indem sie nicht nur erwähnen, dass die Reichsacht ausgesprochen
werde, weil die Stadt auch dem Kaiserlichen Mandat vom
28. Juli keine Folge geleistet, sondern auch darin von der dem Kaiserlichen
Herold angethanen Beschimpfung und von dem Seitens des Churfürsten
von Mainz erfolglos gemachten Versuch, die Reichsacht zu vollstrecken,
also von Thatsachen, die sich erst später ereigneten, die
Rede ist.
Wenn der Kaiser es hiernach vorzog, die Stadt durch Androhung
der Acht zum Gehorsam zu bringen, anstatt sie sogleich
durch die bereits mehrfach angedrohte Real-Exekution dazu zu nöthigen,
so geschah dies nicht aus Milde, sondern weil er aller seiner
Truppen in dem eben ausbrechenden Türkenkriege selbst bedurfte,
und auch der Churfürst von Mainz sein Contingent zu diesem
hatte stellen müssen.
Den kaiserlichen Commissarien Schmidburg und Geppold
wurde unter Zufertigung des gedachten Mandats vom 28. Juli aufgetragen:
sich nach Erfurt zu begeben, dasselbe dem Rath und
der Gemeinde zu publiciren und diese zur Folgeleistung aufzufordern,
wenn sie sich aber wegen eines zu besorgenden Aufstandes
nicht getrauen sollten, selbst dorthin zu gehen, die Insinuation durch
einen oder einige dorthin zu sendende Notare bewirken und, wenn
der gesetzte achttägige Zeitraum erfolglos verstrichen sein sollte,
durch den vom Kaiser mitgeschickten Reichs-Herold die Publikation
der Acht in der hergebrachten Weise vollziehen zu lassen.
Die Commissarien nahmen jedoch vorerst noch Anstand, diesen
Auftrag auszuführen, weil der Churfürst von Mainz sich der Hoffnung
hingab, dass die Stadt auch so in sich gehen und den ergangenen
Befehlen sich fügen werde. Sie hatten sich selbst nach Mainz
begeben und erliessen von dort unterm 26. August an die Stadt
Erfurt ein Schreiben, in welchem sie unter Bezugnahme auf den
derselben inzwischen zugegangenen, oben erwähnten kaiserlichen
Erlass vom 1. ejusd., so wie darauf, dass man, wie es verlaute,
entschlossen sei, den etc. Limprecht nach einem der städtischen
Güter zu bringen und dort hinrichten zu lassen, ihre frühere
Aufforderung wegen Einstellung jedes Verfahrens gegen denselben und
seiner sofortigen Freilassung wiederholten. 307)
307) Anderweites Befelch-Schreiben an die Stadt Erffurth de reluxando Limprechto
vom 26. Aug. 1663 im Kurts abgefassten Gegen-Bericht (Falkenstein
S. 945).
Nachdem nun aber fünf Wochen vergangen waren und jene
Hoffnung noch immer unerfüllt blieb, da machten sich die Commissarien
zwar auf den Weg nach Erfurt, da sie aber schon unterweges
in Erfahrung brachten, dass die dortigen Zustände von
der Art wären, dass sie sich dort nicht ohne Gefahr der Beschimpfung
und Misshandlung zeigen könnten, so zogen sie es vor, das
andere in dem kaiserlichen Erlass ihnen anheimgegebene Verfahren
einzuschlagen. Sie begaben sich daher nach Mühlhausen, was
theils wegen der geringen Entfernung von Erfurt, theils als freie
Reichsstadt, mithin neutraler Boden, dazu besonders geeignet
schien 308) und entsendeten gleich nach ihrer Ankunft daselbst
16./26. Septbr. zwei kaiserliche Notare, Jac. Andr. Starck und Joh.
Herrn. Lübger, nach Erfurt, um dort dem Rathe das kaiserliche
Mandat zu insinuiren. Als dieselben am folgenden Tage Nachmittags
dort anlangten, setzten sie sofort den Obersten Rathsmeister
Berger von dem Zweck ihrer Anwesenheit in Kenntniss und forderten
ihn auf: den Rath, die Räthe, die Vormünder und die ganze
Gemeinde am nächsten Morgen behufs Vernehmung des kaiserlichen
Mandats an einem passenden Orte zusammenzuberufen. Diese
alle versammelten sich denn auch (18./28. Septbr.), die Notare begaben
sich mit den mitgebrachten vier Zeugen in die Versammlung,
setzten den Zweck ihrer Herkunft auseinander, verlasen
öffentlich das kaiserliche Mandat und legten die Urschrift desselben
den Anwesenden zur Recognition vor. In der Versammlung
fehlten aber gerade die beiden Häupter der städtischen Verwaltung,
der Oberste Rathsmeister Berger und der Obervierherr Fischer,
weil, wie oben erwähnt ist, jener sich in die Stadtdörfer begeben,
um deren Bewohner gegen die Bürger aufzubieten, dieser, weil er
aus Furcht seine Wohnung nicht zu verlassen wagte. Der dritte
Rathsmeister, Florian Böttger, nahm daher das Wort und erklärte,
dass sie, die versammelten Räthe, Vormünder und Bürger, wegen
Abwesenheit der beiden Vorgenannten, ausser Stande wären, sofort
308) Relation an die Röm. Kayserl. Majestät von demselben Commissarien
über die beschebene Achts-Erklärung der Stadt Erffurth abgangen (bei
Falkenstein S. 854—884). Die Angabe von Gudenus pag. 323, dass der
Kaiser den Commissarien anbefohlen habe, sich nach Mühlhausen zu begeben
und von dort aus ihren Auftrag zu erledigen, ist hiernach nicht
richtig.
eine categorische Antwort zu ertheilen, dass eine solche aber
bis am folgenden Morgen um 9 Uhr in den Händen der Abgeordneten
sein solle. Die letzteren erhielten eine solche aber nicht nur
nicht in diesem Termine, sondern überhaupt in den nächsten fünf
Tagen nicht — vorzugsweise wohl, weil in diese Zeit die durch
den Anzug des Landvolks herbeigeführten Unruhen und die Flucht
Bergers und Avianus stattfanden — so dass sie sich zuletzt ohne
Antwort zurückzukehren entschlossen. Als sie aber am 1. Octbr.
ihre Abreise antreten wollten, wurden sie von der Wache am Andreasthor,
unter dem Vorgeben, dass sie sich bei ihrer Ankunft
nicht gehörig bei der Wache gemeldet, angehalten, beschimpft und
von Musketiren wieder in die Stadt geführt Der commandirende
Corporal sendete die Musketiere zwar zurück, aber der Haufe Bürger,
welcher an deren Stelle die Notare geleitete, schützte sie nicht
vor den Scheit- und Drohworten des auf den Strassen sich ansammelnden
Gesindels. Sie wurden hierauf in den Gasthof zum Rehbock
geführt und dort in Haft behalten, wobei sie noch vielfachen
Insulten von Bürgerhaufen ausgesetzt waren, so dass sie ihres Lebens
nicht mehr sicher zu sein besorgten. Am folgenden Tage
wurden sie auf die Zweiermannskammer, dem Orte, wo die Verhöre
der Missethäter abgehalten wurden, gebracht und dort wegen
der unterlassenen Anmeldung bei der Wache einem peinlichen
Verfahren unterworfen, nachdem sie aber dies damit gerechtfertigt:
wie ihr Auftrag nur dahin gelautet, dass sie sich bei der obersten
Stadtbehörde zu melden hätten, endlich wieder auf freien Fuss gesetzt.
Nach der Rückkehr nach Mühlhausen stellten sie über das
Vorgefallene eine Urkunde aus und übergaben solche den kaiserlichen Commissarien. 309)
Der Rath zu Erfurt konnte sich nicht verhehlen, dass für die
Stadt aus dem kaiserlichen Befehle vom 28. Juli um so grössere
309) Documentum insinuationis arctioris mandati poenalis cum eventuali declaratione
banni, in Relation an die Röm. Kayserl. Maj. von deroselben
Commissarien über die beschehene Achts-Erklärung der Stadt Erffurth
(bei Falkenstein S. 864—866). Wenn Gudenus p. 324 bemerkt: Notarium,
qui mandatum insinuaverat, conviciis perscindunt, verbenibus excipiunt,
so ist dies nicht richtig. Dass sie körperlich misshandelt worden,
behaupten die Notare in ihren Berichten selbst nicht; sie sprechen vielmehr
nur von den ihnen zu Theil gewordenen Bedrohungen und Beschimpfungen.
Gefahr erwachse, je gröblicher man sich gegen deren Ueberbringer
vergangen. In seiner gewöhnlichen Art suchte er zunächst nur
wieder Zeit zu gewinnen und aus der Nothwendigkeit einer entschiedenen
Erklärung herauszukommen. Er trug daher dem ehemaligen
schwedischen General-Auditeur Joh. Osius, einem Erfurter
Bürger, der sich seit einiger Zeit in Mühlhausen aufhielt, und dessen
Erbieten, die Stadt als deren Procurator bei der Commission
zu vertreten, von ihm angenommen war, mittelst Schreibens vom
22. Sept. / 2. Octbr. auf: die den Notaren zu Theil gewordene Behandlung,
die ohne Schuld und wider den Willen des Raths verübt sei, zu
entschuldigen, zugleich aber um eine Verlängerung der achttägigen
Frist zu bitten, indem es, obwohl die Räthe, die Vormünder und
der bessere Theil der Bürgerschaft sich bereits zu unbedingtem
Gehorsam entschlossen, doch unmöglich sei, in so kurzer Zeit den
bei dem grösseren Theile der Bevölkerung noch stattfindenden Widerspruch
und Widerwillen gegen die Einführung des Gebets zu
beseitigen, namentlich da der Oberrathsmeister Berger und der
Syndikus Avianus, in deren Hand sich bisher vorzugsweise diese
Angelegenheit befunden, sich genöthigt gesehen hätten aus der
Stadt zu flüchten, und noch daran gearbeitet werde, sie so sicher
stellen zu können, dass ihre Rückkehr ohne Gefahr möglich sei. 310)
Die Commissarien, denen Osius dieses Schreiben mitgetheilt,
hielten sich jedoch theils nicht für berechtigt, eigenmächtig die vom
Kaiser selbst festgesetzte Frist zu verlängern, theils glaubten sie,
dass kein hinreichender Grund hierzu vorliege, da der Rath schon
so vielfach zum Gehorsam aufgefordert worden, und längst gewusst,
was die Folge des Widerstandes der Stadt sein müsse, und es ihm,
wenn er nur selbst den ernsten Willen gehabt und die gehörigen
Mittel angewendet, nicht unmöglich gewesen sein würde, den Widerstand
seiner Unterthanen zu brechen. Es wurde daher dem
Osius eine abschlägliche Antwort ertheilt.
Der Rath wendete sich hierauf unterm 24. Sept. / 4. Octbr. unmittelbar an
die kaiserlichen Commissarien. Er erklärte dabei, wie er mit den
Vormündern und einem Theil der Bürgerschaft schon längst entschlossen
sei, das Gebet für den Churfürsten von Mainz in der
vorgeschriebenen Formel einzufuhren, wie dies aus den beigefügten
310) Schreiben an Osium vom 22. Septbr. 1663 in der Relation an die Röm.
Kayserl. Msjest. etc. (bei Falkenstein S. 866—68).
von ihm unterm 26. Mai, 14. und 20. August und 11. Septbr.
erlassenen Bekanntmachungen sich erweise, wie es ihm aber bisher
aller Bemühungen ungeachtet nicht habe gelingen wollen, den widerstrebenden
Theil der Bürgerschaft zur Fügsamkeit zu bringen,
wie denn nur noch am gestrigen Tage gewaltsame Auftritte vorgekommen
wären. Im Vertrauen auf den Beistand Gottes und auf
den Schutz des Kaisers wären denn nun aber die beiden suspendirten
Obersten Rathsmeister, Joh. Hallenhorst und Henning Kniephof,
wieder in ihre Stellen eingesetzt, und dem letzteren die Funktion
des regierenden Obersten Rathsmeisters wirklich übertragen, 311)
wogegen man den ersteren von dem auf Verlangen der Bürgerschaft
gegen ihn eingeleiteten Verfahren nicht sofort habe frei machen
können. Es sei ferner der alte Rath von der Verwaltung zurückgetreten
und diese auf den neuen Rath übergegangen, endlich
auch dem evangelischen Ministerio anbefohlen, fortan sich der im
Jahre 1660 vorgeschriebenen Gebetsformel zu bedienen. Was den
Einigkeitsrecess betreffe, so sei solcher durch das gegenwärtige
Beginnen der Bürgerschaft ohnehin vernichtet, man sei aber auch
durchaus bereit, die Urschrift desselben, sobald sie aufgefunden
worden, einzureichen, wie auch Avianus sich erboten habe, die ihm
ausgestellte Schadloshaltungszusicherung zu übergeben, die wegen
der zeitigen Abwesenheit desselben von Erfurt nicht gleich habe
beigefügt werden können. Da hiernach der Rath und der grössere
Theil der Bürgerschaft bereit sei, alle gestellten Anforderungen
vollständig zu erfüllen, so würden die Commissarien um ihre Vermittelung
dahin gebeten, dass der Churfürst von Mainz besänftigt,
sowie vermocht werde, in Gemeinschaft mit dem Domkapitel zur
Beruhigung des noch widerstrebenden Theils der Bürger die gewünschte
Versicherung zu ertheilen, und dass die Stadt mit den
angedrohten Strafmassregeln verschont bleibe. 312)
Wenn der Rath sich somit endlich entschlossen hatte, in allen
Punkten die an die Stadt gemachten Anforderungen zu erfüllen, so
lag die Hauptveranlassung hierzu jedenfalls vorzugsweise in dem
eingetretenen Wechsel im Regimente der Stadt, namentlich dass
311) Nach Westermann f. 517 hat Kniephof jedoch erst am 26. September die
Führung der Geschäfte übernommen.
312) Schreiben des Raths vom 24. Septbr. 1663, in der Relation an die Röm.
Kays. Maj. etc. (bei Falkenstein S. 863—70). Notariats-Protokoll von
demselben Tage, in: Gehorsamste Relation (bei Falkenstein S. 898—900).
Kniepbof, der nicht zu den bisherigen Opponenten, vielmehr zu den
von den Commissarien Begünstigten gehört hatte, der sich daher
in der Lage befand, ohne sich dem Vorwurf der Inconsequenz auszusetzen,
eine friedliche Lösung des Conflictes herbeizuführen, an
die Spitze der Verwaltung getreten war. Auch in das Amt des
Obervierherrn war in die Stelle eines Gegners von Mainz, des J.
Heinr. Fischer, einer der Günstlinge der kaiserlichen Commissarien,
Casp. Geislein, eingetreten. 313)
Die Commissarien scheinen anfangs auch ihrer Seits nicht abgeneigt
gewesen zu sein, anzunehmen: dass die Sache nunmehr in
eine andere Lage gekommen wäre, indem sie nicht, wie sonst stets
geschehen, die Anträge des Raths unmittelbar verwarfen, sondern
sich darauf beschränkten, sie den churmainzischen Deputirten zur
Aeusserung mitzutheilen.
Es lag jedoch nicht in den Absichten des Churfürsten Johann
Philipp, dass seine Streitigkeiten mit der Stadt Erfurt auf friedlichem Wege
ihre Lösung erhielten, da er nur dann, wenn es bis
zu einer gewaltsamen Occupation käme, darauf rechnen konnte,
dieselbe vollständig in seine Gewalt zu bekommen. Demgemäss
erklärten seine Bevollmächtigten unterm 6. October den kaiserlichen
Commissarien, dass sie die von dem Rathe in seinem Schreiben
vom 24. September gemachten Anerbietungen um so weniger
als eine wirkliche Gehorsamleistung ansehen könnten, als darin
noch fernere Unterhandlungen in Aussicht genommen würden, und
wie sie daher, nachdem inzwischen die gestellte achttägige Frist
abgelaufen sei, darauf antragen müssten, dass sofort ein Reichsherold
nach Erfurt abgeschickt werde, um die Achterklärung zu
verkündigen. 314)
Die Commissarien beschlossen hierauf, den Zwangsmassregeln
gegen die Stadt ihren Fortgang zu geben, 315) sie trugen daher dem
ihnen zu diesem Zweck bereits beigegebenen Reichsherold, Jacob
313) Westermann f. 517.
314) Schrifft anstatt mündlichen Recess Chur-Mayntzischer Deputirten contra
Erffnrth d. praes. 6. Octbr. in Gehorsamste Relation durch Jac. Lidl v.
Schwanau (bei Falkenstein S. 900).
315) Die desfallsigen Gründe sind von ihnen in der Relation an die Römisch
Kayserl. Maj. vom 10. November 1663 näher entwickelt (bei Falkenstein
S. 858—862).
Lidl von Schwanau, am 7. October auf, sich zu dem erwähnten
Behufe in Begleitung eines kaiserlichen Notars, Hatschierer, zweier
Trompeter und dreier Einspännigen 316) nach Erfurt zu verfügen. 317)
Der Rath wurde gleichzeitig davon, dass dies geschehen, von den
Commissarien in Kenntniss gesetzt. 318)
So war denn der Würfel geworfen. Allerdings ist es aber
zweifelhaft: ob der Rath auch beim besten Willen im Stande gewesen
sein würde, die in seinem Schreiben vom 24. September gemachten
Versprechungen zu erfüllen. Selbst wenn ein sehr kräftiger
Mann an der Spitze der Verwaltung gestanden hätte, so würde
es ihm Mühe gekostet haben, dem einmal ausser Rand und Band
gerathenen Pübel den Zügel wieder anzulegen. Kniephofs starke
Seite war nun aber bei allen seinen sonstigen guten Eigenschaften
die Energie nicht gerade, auch hatte er in Folge seines Anschlusses
an den Erzbischof und seiner Begünstigung durch die kaiserlichen
Commissarien, sehr wesentlich im Vertrauen und der Achtung
seiner Mitbürger eingebüsst.
Selbst die Vormünder stimmten nicht einmal dem Inhalt jenes
Schreibens bei, vielmehr liessen sie an demselben Tage, wo
dasselbe vom Rathe beschlossen wurde (24. Sept. / 4. Octbr.) eine notarielle Urkunde
aufnehmen, in welcher sie erklärten: wie sie sehr davon
überrascht worden, dass in dem kaiserlichen Erlass vom 28. Juli
ihnen der Ungehorsam in Bezug auf Gegenstände vorgeworfen
werde, über welche bisher niemals ihre Einwilligung erfordert worden;
denn wie das Rathsprotokoll vom heutigen Tage darthue,
hätten nur einzelne Rathsmitglieder ihre Zustimmung zur Einführung
des Gebets ertheilt. Sie sähen sich daher genöthigt, von dem
gesetzlich zulässigen Rechtsmittel der Supplication und Revision
316) Reuter, die zum Geleit mitgegeben wurden und Bestellungen auszurichten
hatten. Grimm, Wörterbuch III. S. 301.
317) Die Instruktion, wornach sich Herr Kayserlicher Reichs-Herold bei Verkündigung
der Reichsacht in Erfurt zu richten vom 28. Sept. / 8. Octbr. 1663, in der
Gehorsamsten Relation etc. (bei Falkenstein S. 902, 903).
318) Commissionsschreiben an den Rath v. 7. Octbr. 1663, in der Gehorsamsten
Relation etc. Durch einen Druckfehler trügt das Schreiben hier
das Datum des 7. Septbr., was Falkenstein S. 902 in seiner gewöhnlichen
Leichtfertigkeit ruhig nachdruckt, obwohl in dem Schreiben von Vorfällen,
die sich erst nach dem 7. September ereignet hatten, wie von der
Absendung der kaiserlichen Notare, die Rede ist.
Gebrauch zu machen, und würden demgemäss innerhalb der vorgeschriebenen
Frist von zehn Tagen die Suppllication beim kaiserlichen
Hofe einreichen. 319)
Noch weniger zum Gehorsam geneigt waren die Bürger. Es
waren am 22. September zwei Mitglieder des Raths, Georg Heinr.
Ludolf und Joh. Rehfeld, an den Herzog Johann Ernst nach Weimar
entsendet, um diesen zu bitten, durch seine Vermittelung die
angedrohte Reichsacht abzuwenden. Als am folgenden Tage die
von Ludolf mitgebrachte Antwort des Herzogs, in welcher derselbe
abermals zum unbedingten Gehorsam mahnte, den zu diesem Zweck
auf das Rathhaus berufenen Rüthen und Vormündern mitgetheilt
werden sollte, fanden sich dort auch an fünfhundert Bürger ein,
die nicht nur von der Befolgung dieses Rathes nichts wissen wollten,
sondern auch einen aus ihrer Mitte, einen Mann niederen Standes,
den Nagelschmied Halbreuter, in die sog. grosse Stube, wo
die Räthe und Vormünder versammelt waren, schickten, um zu
fordern, dass Limprecht aus der Vormundschaftsstube, in der er
sich zuletzt befunden, in die Temnitz, das furchtbarste für Capitalverbrecher
bestimmte Gefängniss gebracht werde. Als die Räthe
dies verweigerten, wurden sie anderthalb Stunden hindurch in der
grossen Stube festgehalten, und es ward ihnen zuletzt mit Gewalt
der Schlüssel zum gedachten Gefängniss abgenommen. Limprecht
wurde, obwohl er um Christi Blut bat: ihn in der Vormundschaftstube
zu belassen, gewaltsam und unter Misshandlungen die Treppen
hinuntergestossen und dem gemeinsten Verbrecher gleich in
die Temnitz geworfen, vor welche zwei Bürger zur Bewachung
gestellt wurden. 320) Erst nach längerer Zeit, als er zu bekennen
versprach und das h. Abendmahl zu nehmen wünschte, wurde er
aus der Temnitz wieder in die Vormundschaftsstube gebracht. 321)
Die wenig ermuthigende Erfahrung, welche man in Weimar
gemacht, hinderte nicht, dass, als man davon Kunde erhielt, dass
in Kahla mehrere sächsische Fürsten beisammen wären, zwei Rathsmitglieder
und einige Deputirte der Gemeinde dorthin gesendet
wurden (24. Sept.), um die ersteren um ihre Intercession bei dem
319) Das von den Notaren J. Grafe und Steph. Hoffmann ausgestellte Dokument
in der Gehorsamsten Relation (Falkenstein S. 903).
320) Westermann f. 516 v. Friese Anh. S. 9, 10.
321) Westermann f. 519.
Kaiser und dem Churfürsten von Mainz wegen Rücknahme der
Achtserklärung zu bitten. Die Abgeordneten meldeten bei ihrer
Rückkehr (26. Sept.), dass sie in Kahla selbst keinen der Fürsten
mehr, dagegen unterweges im Walde den Herzog von Altenburg
getroffen und demselben ihr Anliegen vorgetragen hätten, worauf
er erwidert habe: dass, wenn auch die Publication der Acht durch
den Herold nicht mehr abzuwenden sei, er selbst, sowie der Churfürst
von Sachsen es doch nach Möglichkeit zu verhindern suchen
werde, dass Churmainz mit der wirklichen Exekutionsvollstreckung
vorgehe. 322) Es mag diese Antwort dazu beigetragen haben, dass,
als am 27. Septbr. die Nachricht anlangte, dass der Herold sich
bereits in Witterda, einem zu den churmainzischen Küchendörfern
gehörenden, etwa 1 Meile von Erfurt belegenen Orte, befinde und
am folgendeh Tage in der Stadt eintreffen werde, um die Achtserklärung
anzuschlagen, dies sehr auf die leichte Achsel genommen
wurde, und auch der Rath nicht die mindesten Vorkehrungen zur
Aufreehthaltung der Ruhe traf, vielmehr sich darauf beschränkte
anzuordnen: dass der Herold, der vorher durch einen Einspännigen
seine Ankunft hatte melden lassen, bei seinem Eintreffen auf
das Rathhaus gebracht werden solle. 323) Der Einspännige selbst
aber wurde nicht zurückgelassen, sondern in der Wache als Arrestant
verwahrt.
Als nun Jacob Lidl von Schwanau, der Reichsherold am
29. Sept. / 8. Oct. früh um 8 Uhr, angethan mit einem Federhut, schwarzsammtenen
Rocke und einer gelblich sammtenen Superweste, auf
der der grosse kaiserliche Adler gestickt war, den Heroldsstab in
der Hand, in Begleitung des Hatschiers, Sim. Hörmann, eines öffentlichen
Notars, noch eines Einspännigen, seines Dieners und von
fünf Trompetern am Andreasthor anlangte, wurde er schon 40
Schritt vor dem Schlagbaum von einer Wache aufgehalten, die ihn
umringte und nach seinem Begehr fragte. Als er nun erwiderte:
er habe bereits einen Einspännigen vorausgeschickt, der ihn angemeldet
haben würde, und ihm geantwortet ward, derselbe sei noch
in der Stadt, und er weiter fragte: ob nicht sonst Jemand eine
Botschaft an den Rath ausrichten wolle: so wurde ihm erklärt: es
gäbe keinen Rath, noch Rathsherren, da diese entlassen wären;
322) Westermann f. 517. Friese Anh. S. 10.
323) Westermann f. 517 v. Friese Anh. S. 10.
die Bürger wären jetzt selbst die Herren. Nach drittehalbstündigem
Warten, nachdem sich inzwischen vor dem Thore und auf den
angrenzenden Wällen an tausend Menschen versammelt hatten,
und bereits ein katholischer Bürger, der sich missbilligend über
das Benehmen gegen den Herold äusserte, mit Kolbenstössen und
Säbelhieben so misshandelt war, dass er wie todt auf dem Platze
blieb, fanden sich endlich der Oberste Rathsmeister Kniephof und
einige andere Mitglieder des Raths vor dem Thore ein, denen der
Herold dann von dem Zweck seiner Anwesenheit und dem ihm
ertheilten Aufträge Meldung machte. Jene ersuchten denselben
hierauf, ihnen das Original des kaiserlichen Erlasses anzuvertrauen,
indem sie solches den Vormündern und angesehenen Bürgern, die
sich in grosser Zahl auf dem Rathhause versammelt hätten, vorzulegen
wünschten. Der Herold willigte hierin ein. Nach Verlauf
einer Stunde zurückgekehrt, erklärten sie, dass die Stadt unschuldig
und auf Grund falscher Berichte verurtheilt sei, sie wollte aber
von dem nach den Reichsconstitutionen zulässigen Rechtsmittel der
Suspension und Revision Gebrauch machen; bis dass hierauf die
Entscheidung ergangen, möge der Herold die Vollziehung seines
Auftrags aussetzen; er solle so lange in einem guten Gasthofe in
der Stadt Quartier, anständige Verpflegung und eine ansehnliche
Remuneration erhalten. Als der Herold erwidert hatte: dass er
hierzu nicht befugt sei, wurde verlangt: dass er mindestens die in
dem kaiserlichen Mandat festgesetzte achttägige Frist noch verstatten
sollte, und als er auch dies abschlug, weil die Frist bereits
abgelaufen und die vom Rathe abgegebene Erklärung von den kaiserlichen
Commissarien als ungenügend verworfen worden, bat man
um eine dreitägige Frist. Auch diese verweigerte der Herold, erbot
sich aber, mit der Publication der Achtserklärung bis zum
nächsten Morgen zu warten, wenn man dann die Bürgerschaft auf
das Rathhaus zusammenzuberufen verspreche. Da dies wieder Seitens
der Rathsmitglieder abgelehnt ward, weil dann Gottesdienst
stattfinde — es war der St. Michaelstag — so erklärte der Herold,
dass ihm nun nichts übrig bleibe, als sofort die Publikation zu bewirken.
„Sie warnten mich aber öffentlich,“ bemerkt der Herold
in den von ihm erstatteten Bericht, „dass Jedermann es wohl hören
konnte, mit den Worten: ich solle mich gleichwohl vorsehen,
sie könnten den Böffel (Pöbel) nicht zwingen; da spitzte der Böffel
die Ohren und richteten sich mit ihrem Gewehr in die Höhe. Ich
aber sprach: in Gottes Namen, ich muss thun, was mein allergnädigster
Kaiser und Herr mir allergnädigst anbefohlen: es geschehe
nun, was der liebe Gott will.“ Als der Herold sich nun
anschickte, den kaiserlichen Brief abzulesen, da vernahm er, wie
der hinter ihm haltende Hatschier mit grossem Geschrei vom Pferde
gerissen, wehrlos gemacht, der Livereyrock, den er an sich trug,
zerrissen und ihm die Druckexemplare des kaiserlichen Patents,
welche er bei sich führte, fortgenommen wurden. Es hatte sich
nämlich in dem Haufen ein Bauer aus dem Duderstädtischen befunden,
von dem das Pferd, was der Herold ritt, entlehnt war, und
der bei dem entstehenden Tumult für dasselbe zu fürchten begann.
Als er dies äusserte, forderten die Umstehenden ihn auf, sein Pferd
von dem Herold zurückzufordern, und wenn dieser es nicht gutwillig
geben wollte, ihn herunterzustossen. Als der Hatschier die
Anstalten hierzu wahrnahm, zog er eine Pistole, um den Bauer
zurückzutreiben, was Veranlassung gab, dass der Pöbel sich zunächst
auf ihn warf. 324) Als die Rathsherren dies sahen, liefen
sie so schnell sie vermochten dem Thore zu und in die Stadt hinein;
der Pöbel stürmte nun aber auch auf den Herold selbst ein,
riss ihn mit Gewalt vom Pferde, schlug mit Musketenkolben und
Kurzgewehren auf ihn los, stiess ihn mit den Flintenläufen in
die Seiten und riss ihm den Hut vom Kopf und den Heroldstab
aus der Hand, wobei er schrie: Du Schelm, du Dieb, du bist kein
Herold, herab mit dem Schelm.
Ein ehemaliger Schreiber des Dr. Papius, Renner, hatte nämlich
behauptet: der angebliche Herold sei ein ehemaliger Kutscher
324) Lidl von Schwanau selbst hat diese unmittelbare Veranlassung zum Ausbruch
der Thätlichkeiten nicht gekannt; sie wird aber von Westerraann
f. 517 v. und Friese Anh. S. 10 berichtet, Ueberhaupt weicht die Darstellung
der letzteren mehrfach von der, die Lidl von Schwanau selbst
gegeben, ab. So hat auch nach jenen der Rath, sobald er von der Ankunft
des Herolds am Thore Kunde erhielt, befohlen: dass dieser in die
Stadt gelassen werden solle, was die Bürger aber nicht gestatteten. Die
Ankunft des Obersten Rathsmeisters Kniephoff und der übrigen Räthe
behufs Unterredung mit dem Herold, hat nach Westermann erst stattgefunden,
als der Hatschier den Bauer von dem Pferde des Herolds hat
zurücktreiben wollen; das Attentat gegen beide ist gegen den Willen
des Raths und trotz des heftigen Abmahnens desselben von dem Weissgerber
Jacob Flönder, welcher die Wache am Thore batte, und der mit
seinen Musketieren die beiden Genannten umringte, verübt worden.
des Reichshofraths Dr. Bohn, der blos von Schmidburg und Papius
in das Gewand gesteckt und hergeschickt sei; sein Anzug sei
auch gar nicht ein Heroldsgewand, da es nicht die Wappen der
sieben Churfürsten trage, vielmehr gehöre der schwarzsammtene
Rock der Frau des Papius, und der Ueberwurf sei ein aus einer
Kirche entlehntes Messgewand, auch müsse ein wirklicher Herold
24 Trompeter, 6 Heerpaucker und 200 bis 300 bewaffnete Reiter
bei sich haben, der Diener aber, den er mit sich führe, sei sein
ehemaliger Stalljunge. Renner hatte mit diesen Worten nicht nur
den Pöbel angereizt, sondern ihm auch alle Scheu genommen, sich
an dem Herold zu vergreifen. „Da bekam ich einen Streich,“ erzählt
dieser selbst, „auf den Kopf, davon mein Ueberschlag, 325)
Tätzel 326) Hammet (Hemd) auch Facilet 327) ziemlich blutig war,
und führte einer noch einen Streich auf mich mit einer Partisan;
ein Bürger aber wollte den Streich verhindern, schlug seinen Arm
unter, dass eine gantze Ader entzwei und sehr geblutet — were
er nicht gewesen, so wäre mein Kopf entzwei, und ich kein Mensch
mehr; nach diesem reissen sie mich bei den Haaren zu Boden,
treten und stossen mich im Heroldshabit mit Füssen, ziehen mich
auf der Erde im Koth herum und schreyen: schlag den Schelm
gar todt.“ Es würde auch jedenfalls so weit gekommen sein, wenn
nicht ein Offizier von der Stadtmiliz nebst einem Corporal dazwischen
getreten wären, den Pöbel auseinander getrieben, dem Herold
und dem Hatschier wieder aufgeholfen, sie vor weiteren Misshandlungen
geschützt, „ihnen ein wenig Kraftwasser zu Labnuss gereicht“
und die Wunden des Herolds hätten verbinden lassen. Von
den Begleitern des Herolds hatten vier Trompeter und der Einspännige,
als sie sahen, wie der Pöbel über den ersteren herfiel,
so schleunig die Flucht ergriffen, dass der Versuch sie zurückzuholen
erfolglos blieb; der fünfte Trompeter, der Notar und des
Herolds Diener wurden gleichfalls von den Pferden gerissen, entwaffnet
und mit Schlägen und Stössen arg misshandelt. Was den
325) Halskragen vid. Frisch, Teutsch-Latein. Wörterbuch II. S. 190. [The rightmost column.]
326) Hand-Tätzlein: aufgesteckte oder hangende Zierrath von feiner Leinwand
an den Händen — Manschetten. Frisch l. c. S. 365. [The leftmost column.]
327) Fatzilet, Fatzenet oder Fatzelet: das italienische fazzoletto, Schweisstächlein,
Schnupftuch. Frisch l. c. I. S. 252. [The rightmost column.] Grimm, Deutsches Wörterbuch
III. S. 1365.
Herold selbst betrifft, so vermochte der Offizier, der sich seiner
angenommen, doch nicht zu verhindern, dass er, während der dreiviertel
Stunden, die er noch vor dem Thore stehen musste, um
die Entscheidung des Rathes über das, was weiter mit ihm geschehen
solle, abzuwarten, die vielfachsten Schmähungen erlitt, wobei
sich besonders, wie bei fast allen Tumulten, der Gärtner Weber
hervorthat. Zuletzt kam „ein Schlachtschwertierer, seines Handwerks
ein Kürschner“, liess den Pöbel einen Kreis um den Herold
und Hatschier schliessen und stellte ein förmliches Verhör mit denselben
an. Diese Scene wiederholte sich dreimal, während auch
noch der Wagen, den der Herold bei sich führte, durchsucht, zum
Theil, weil man darin Briefschaften zu finden glaubte, zerschnitten
und alles darin befindliche herausgerissen ward. „Nachdem
zum dritten Male Standrecht gehalten worden, ohne dass der Haufe
sich einigen konnte, da einige die Gefangenen niederhauen wollten,
andere hingegen dafür stimmten, dass man sie in die Kutsche steigen,
ihnen aber zum Valet eine Salve geben und einige Pillen
auf die Reise nachschicken solle,“ so schlugen die beiden, welche
die Beschützung auf sich genommen, um der Sache endlich ein
Ende zu machen, zuletzt selbst vor, man möge den Herold auf das
Schiesshaus vor dem Johannisthor [Johannis-: sic] führen lassen, wo man ihn nach
Belieben examiniren könne. Dies geschah denn auch. Als ein
Haufe von mehreren hundert Menschen diesen und den Hatschier
dorthin geleitete, und man über einen langen schmalen Steg (Venedig)
kam, da schrien einige: „stosst die Schelme über den Steg
hinab, so sind sie geschwind begraben, während einer, Namens
Preyer, der Samenfrau ihr Sohn auf der Langenbrücke,“ mehreremals
sein Gewehr auf den Herold anschlug, und ihn niedergeschossen
haben würde, wenn er nicht von andern gehindert wäre. Die
beiden Beschützer sorgten dafür, dass, als die Gefangenen auf das
Schiesshaus gelangt, der grosse Haufe nicht hinein durfte, es wurde
dort auch für ihre auskömmliche Verpflegung und für die Heilung
der Wunden Sorge getragen, auch erhielt der Herold viele Besuche
von Rathsmitgliedern und anderen Personen, welche ihn zu
überzeugen suchten, dass der Stadt grosses Unrecht geschehe, und
dass der Freiherr von Schmidburg, Limprecht und Papius allein
an all dem Unglück Schuld wären, namentlich aber der erste sich
schwer an der Stadt versündigt habe. Als Abgeordneter des Raths
fand sich der Brückenherr, Joh. Heinr. Weissmantel, ein, beklagte
die Misshandlungen und Beschimpfungen, welche der Herold von
dem Pöbel habe erleiden müssen, sorgte auch dafür, dass die, diesem
und seinen Begleitern abgenommenen Gegenstände, so weit
sie noch aufzutreiben waren, zurückgewährt, die zerrissenen Kleidungsstücke
aber durch andere ersetzt wurden. Er wiederholte
die Beschuldigungen gegen Schmidburg und sprach sich mit solcher
Bekümmerniss und Verzweiflung über die Lage, in welche
die Stadt gerathen, aus, dass der Herold sich selbst veranlasst
fand, ihn zu trösten und Muth einzusprechen, indem er auf das
Beispiel von Bremen verwiess, über das vor einigen Jahren auch
die Reichsacht verhängt, das aber bald wieder restituirt worden sei.
Die Besuche, welche Lidl von Schwanau erhielt, waren jedoch
keinesweges alle so friedlicher Natur. 328) Auf Anstiften eines
Advokaten, „eines leichtfertigen bösen Menschen“, den die Antworten,
welche ihm der Herold ertheilt, nicht befriedigt hatten, und
unter Führung des Georg Weber fand sich am Abend des zweiten
Tages wieder ein grosser Pöbelhaufe im Schiesshause ein, der es
nicht nur unmöglich machte: dass die Anordnung des Raths wegen
Freilassung des Herolds zur Ausführung kam, sondern der
denselben auch durch Bedrohung seines Lebens zwang, eine schriftliche
und besiegelte Erklärung dahin auszustellen, dass er sich
überzeugt habe, wie lediglich das Verfahren des Freiherrn von
Schmidburg, der obenein unwahre Berichte nach Wien erstattet,
die Schuld daran trage, dass es bis zur Achtserklärung gekommen,
wie er, der Herold, dies nun aber zur Kenntniss des kaiserlichen
Hofes bringen und zugleich versichern wolle, dass er vom Rath
328) Westermann f. 518 erzählt: dem Herold mit seinen Gefährten ward von
der Cammerey Essen und Trinken in die Schiesshütte geschickt, und
haben etliche Vormünder von der Gemeinde sich dabei tapfer mit besoffen.
Den 29sten dieses (Septbr.) währete der Lärmen noch, lief viel
Volks vor das Johannesthor auf die Schiesshütte und wollte Alles erkundigen;
der Herold blieb dabei, dass er von Kaiserl. Majestät und
den Reichshofräthen abgeschickt und befehliget, von dem Dr. Papius
aber von Wien wäre abgeholt worden; hat endlich noch ein Schreiben
vorgezeigt und sein Creditiv, worüber viel erblasset, die, Köpfe gebänget
und davon gegangen; es ward denjenigen, die Hand angelegt, nicht wohl
dabei, und wurde von dem Rathe ernster Befehl gegeben, den Herold
unmolestirt zu lassen und auf freien Fuss zu stellen, welches doch unterblieb
and ferner in Arrest gehalten wurde, cf. Friese Anh. S. 11.
und der Bürgerschaft in Erfurt „alle Ehr und Höflichkeit“ erfahren,
und dass er, wenn er von diesen nicht in Schutz genommen
worden, „sicher von dem schwierigen Pöbel und gemeinen Leuten
gar todt geschlagen sein würde.“ 329) Am folgenden Morgen endlich
gelang es dem Herold, mit Hülfe des Sergeanten Casp. Muth,
der sich während der ganzen Dauer seiner Haft seiner wacker angenommen,
und von sechs Bürgern, die der Obervierherr Fischer
und der Stadtmajor zu seinem Schutze in das Schiesshaus beordert,
vor Tages Anbruch und während die vom Volke zurückgelassenen
Wächter noch schliefen, aus der Haft zu entkommen. Er gelangte
auch, obwohl unterweges bemerkt, von den genannten sieben Personen
geleitet, glücklich nach Ilversgehofen, wohin gleich nach
dem Attentat sein Kutscher mit Pferden und Wagen gesendet war
und von wo er sogleich in gestrecktem Trabe und ohne Anhalt
auf dem Wege nach Mühlhausen weiter fuhr. Diese Eile war
auch nöthig, denn als die Flucht in der Stadt bekannt wurde, jagte
man ihm, aber allerdings nun erfolglos, bis zum Dorfe Witterda
nach, in der Hoffnung ihn dort noch beim Frühstück zu finden,
und in der Absicht ihn nach Erfurt zurück zu führen. Von Mühlhausen
ging Lidl von Schwanau nach Würzburg, von wo er unterm
18. October den Bericht über den Verlauf der Ausführung
seines Auftrages an den Kaiser erstattete, die bei seiner Anwesenheit
in Erfurt ausgestellte Erklärung aber als gewaltsam erpresst
widerrief, auch den Rath davon, dass er dies gethan, in Kenntniss
setzte. 330) Jener Bericht wurde von den Commissarien, die sich
329) Eine Abschrift des von dem Herold ausgestellten Attestats in der Westermannschen
Chronik S. 731 v—788.
330) Der Bericht ist gedruckt unter dem Titel: Gehorsambste Relation an Ihre
Kayserl. wie auch Ungarische und Böhmische Königl. Majst. wie nemblich
die Publication der Achtserklärung ist abgangen. Zu Erffurt. So
durch mich Jacobum Lidl von Schwanau als Kayserl. Reichs-Herolden
verrichtet, geschehen den 8. Octbr. Anno 1663. Darinnen ordentlich beschrieben,
wie sie mich empfangen, tractirt, auch wiederumb abgedanckt
haben. Beynebenst noch etlichen Send-Schreibcn mehr, so an obgemelte
Statt abgangen. Gedr. zu Würtzburg bei Hiob Hertzen, 1663 [Source text c]. (Auch
abgedruckt bei Falkenstein S. 885—916 so wie im Theatrum Europ. IX.
S. 891—99.) Bei einem ohne Angabe des Druckers und Druckortes erschienenen
Nachdruck, dessen Titel lautet: Gehorsambste Relation, wie
nemblich die Publication der Achtserklärung zu Erffurt abgangen, so
durch mich Jacobum Lidl von Schwanau, Als Kayserlichen Reichs-Herolden
verrichtet, beschehen den 8. Octobris Anno 1663 [Source text b], sind die urkundlichen
Beilagen fortgelassen. Unter den letztern befindet sich jedoch
nicht die dem Herolde für die Achtserklärung vom Kaiser ertheilte Instruktion
d. d. Wien den 28. Juli 1663 (Gerstenberg, Novantiqua IV.
p. 17). Gudenus Bericht über den fraglichen Vorfall (S. 325—329) enthält
lediglich einen Auszug aus der erwähnten Druckschrift.
[Berichtigungen und Nachträge, p.341:
S. 136 Anm. 330. Die: Gehorsambste Relation des Herold Lidl v. Schwanau
ist auch abgedruckt bei Londorp l. c. Thl. VIII. S. 953—961 [Source text e] und im Theatrum Europ. IX. S. 878—885 [Source text g].]
gleichfalls nach Würzburg begeben hatten, unterm 10. Nov. 1668
unter ausführlicher Darlegung des Ganges der Verhandlungen seit
Erlass des Mandats vom 28. Juli ej. dem Kaiser eingereicht, um
daraus zu erkennen, „dass bei diesem hartnäckigen ungehorsamen
Rath, Räthen und Vormündern und rebellischer Bürgerschaft mehrgemeldeter
Stadt Erfurt, als nunmehr declarirten Reichs-Aechtern,
aller der Kayserl. Majestät, als dem allerhöchsten Oberhaupt, geziemende
Respekt und Gehorsam gänzlich abandonnirt, verloren
und erloschen, weder Recht noch Vernunft mehr Platz finde.“ Die
Commissarien geben demgemäss ihr Gutachten dahin ab: dass, da
auch das letzte in den Reichsconstitutionen vorgesehene Civilexecutionsmittel,
das der Reichsacht, hier erfolglos bleiben werde, nichts
übrig sei, um „diese in ihrer verhärteten vorsetzlichen Maliz und
Rebellion von Tag zu Tag zunehmende unbändige Leute recht zu
zähmen, und in den Zwang des behörigen Gehorsams zu stellen,
auch darin künftig zu erhalten, und ihnen alle zu weiterem Aufstand
und Renitenz Anlass gebende Mittel zu benehmen,“ als die
gewaltsame Real-Exekution, welche schon vorher Seitens des
Kaisers dem Churfürsten zu Mainz übertragen worden, und zu
welcher dieser dem Vernehmen nach auch entschlossen sei und
Vorbereitung getroffen ins Werk zu setzen. 331)
Der ganze Verlauf der eben erzählten Angelegenheit beweist,
dass es in Erfurt zwar noch eine Anzahl Wohlgesinnter gab, denen
das Schicksal, was über die Stadt gekommen, zu Herzen ging,
die das Geschehene missbilligten und bereit waren sich dem kaiserlichen
Gebote zu fügen, dass dieselben aber dem grossen Haufen
gegenüber nichts auszurichten vermochten, vielmehr alle Bande
des Gehorsams gelöst waren, und der Pöbel sich vollständig der
331) Auch dieser Bericht ist in einer besondern Druckschrift erschienen; unter
dem Titel: Relation an die Römische Kayserliche Majestät von deroselben
Commissarien über die beschehene Achts-Erklärung der Statt
Erffurt abgangen. Gedruckt zu Würzburg bei Hiob Hertzen Anno 1663 [Texts c].
(Wieder abgedruckt bei Falkenstein S. 854—881.) cf. auch Acta declarationis
banni contra Erfurtam in Landorp Acta 1777. S. 936—953 [Page number corrected as mentioned in Berichtigungen und Nachträge, p.341] .
Herrschaft bemächtigt hatte. Obwohl man dem Rathe, namentlich
in seiner letzten Zusammensetzung, unrecht thäte, wenn man ihn
beschuldigte, die Unruhen und Ausschreitungen im Geheimen begünstigt
zu haben, so ergiebt sein höchst passives Verhalten bei
dem erwähnten Vorfall doch unzweifelhaft, dass er nicht einmal so
viel Energie besass, um auch nur einen ernstlichen Versuch zu
machen, seine Autorität wieder herzustellen und seinen Anordnungen
Nachdruck zu geben. Auch fiel es ihm nicht ein, nachher
gegen die beim Attentat Betheiligten einzuschreiten, und so darzuthun,
dass er wenigstens seinerseits alles thun wolle, um die
Aussöhnung mit dem Kaiser und dem Erzstift herbeizuführen, vielmehr
beschränkte er sich darauf, eine Druckschrift in die Welt zu
senden, in der er sich darzuthun bemühte, dass der Stadt Unrecht
geschehe, die Gesetze, welche sich auf die Achtserklärungen bezögen,
materiell und formell nicht beobachtet worden, und man
nicht das, was einzelne Böswillige verübt, der ganzen Stadt entgelten
lassen und ihr zur Last legen könne. 332)
Inzwischen war doch in der Stadt in Verfolg jenes Vorfalls
ein nicht ganz unbedeutender Umschwung der Gemtither eingetreten,
wenn solcher gleich weder allgemein noch anhaltend war.
Bei der Misshandlung des Herolds mochten manche in der That
von dem Glauben ausgegangen sein, dass sie keinen wirklichen
Abgeordneten des Kaisers vor sich hätten; sehr bald aber musste
sich jeder überzeugen, dass dies denn doch der Fall gewesen.
Man erkannte jetzt, dass man zu weit gegangen sei und kam einigermassen
zur Besinnung. Es verbreitete sich die Besorgniss:
dass sich nun kein Erfurter ungefährdet ausserhalb der Stadt sehen
lassen dürfe. Es fand sich daher anfangs auch Niemand bereit,
eine Botschaft an den damals zu Leipzig versammelten Convent
der sächsischen Fürsten, von dem man sich Rath darüber, was
jetzt zu thun sei, erbitten wolle, zu übernehmen. Auch die Bemühungen,
den Oberrathsmeister Berger und den Syndikus Avianus,
332) Es ist dies die mehrfach angezogene: Ohnumbgängliche Nohtdurft der
hochbedrängten Stadt Erffurt, zu Offenbahrung ihrer Unschuld in Sachen
dero von Ihr. Churf. Gnad. zu Maintz wider dieselbe ohnlängst ausgewirkten
und angeordneten Achts-Erklärung. Gedruckt bei Johann Georg
Hertzen Anno 1663. Es existiren zwei Ausgaben; bei der einen hat der
Titel 16, bei der andern 14 Zeilen [Here the one which I set the link is the latter].
[Berichtigungen und Nachträge, p.341: S. 138 Anm. 832. Die : Obnumgängliche Nothdurft u. s. w. ist auch abgedruckt
im Theatr. Europ. IX. S. 891.]
die sich nach ihrer Entweichung aus Erfurt in Friemar aufhielten,
dazu zu bewegen, zurückzukehren und sich der städtischen
Angelegenheiten wieder anzunehmen, blieb, obwohl man ihnen volle
Sicherheit gewährleisten wollte, erfolglos. Herzog Ernst von Gotha,
an den man sich nun wendete, erwiederte (3. Octbr.), vor Allem
müsse man unter sich einig werden, wenn dies nicht geschehe,
werde er seine Hand ganz abziehen. 333)
333) Westermann f. 519 v.
Soure texts
- a: Gehorsambste Relation (a)
- 85.
Gehorsambste Relation Wie nemblich die
PVBLICATION der Achts-Erklärung zu Erffurt abgangen / so durch
mich JACOBUM Lydl. von Schwanaw / als Kàyserlichen
Reichs-Herolen verrichtet / beschehen den 8. Octobris. Anno 1663. (Universitäts- und landesbibliothek Sachesen-Anhalt.) This print is not mentioned by Tettau. Regarding the text of Relation, a and b are mostly same (still slight difference). C is quite different in terms of orthography.
- b: Gehorsambste Relation (b)
- Gehorsambste Relation wie
nemblich die PUBLICATION der Achtserklaͤrung
zu Erffurt abgangen, so durch mich
JACOBUM Lydl. von Schwanaw /
Als Kaͤyserlichen Reichs-Herolden verrichtet /
beschehen / den 8. Octobris. Anno 1663. (Google Books.)
- c: Gehorsambste Relation (c)
- Gehorsambste Relation
An
Jhre Kaͤyserl. wie auch
Vngarische und Bohmische
Koͤnigl. Maͤyst.
Wie
Nemblich die Publication der Achts-Erklaͤrung ist abgeganben
Zu Erffurt /
So durch mich Jacobum Lydl von Schwanaw
/ als Kaͤys. Reichs-Herolden verrichtet / geschehen /
den 8. Octobr. Anno 1663.
Darinneren ordentlich beschrieben / wie sie mich empfangen
/ tractirrt / auch wiederumb abgehancket haben.
Beynebenst noch etlichen Send-Shrieben meher / so an ie
obgemeldte Stadt abgangen. Würzburg: Hiob Herzen. (Google Books)
- d: Diarium Europaeum
- Continuatio IX. Diarii Europæi, Frankfurt am Main: Wilhelm Serlin, 1664,
pp.929ff. (Google Books.)
- e: Acta Publica
- Lundorp, Michael Caspar, Acta Publica, Achter oder der Continuation Vierdter Theil, Frankfurt am Mayn: Joannis Baptistæ Schönwetters, 1670, pp.953ff. (Google Books.)
- f: Falkenstein
- Falckenstein, Johann Heinrich von,
Civitatis Erffurtensis historia critica et diplomatica, 1, Erfurt: Ritschel, 1739,
pp.885ff. (Google Books.)
- g: Theatrum Europaeum
- Matth. Merian's seel. Erben, Theatrum Europaeum, 9, Frankfurt: Johann Görlin, 1699, pp.878ff. (Google Books.)
- h: Historia moderna Europæ
- Happel, Eberhard Werner, Historia moderna Europæ, oder eine historische Beschreibung, Ulm: Matthaeus Kuppfern, 1692, pp.654ff. (Google Books.)
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AT-OeStA/FHKA SUS Fam.A. L-103 Lidl (Lydl) von Schwanaw, Christoph Jacob, Verehrung einer goldenen Kette im Wert von 195 Kronen, 19.06.1585 und 1650; Jacob, Reichsherold und Hoffourier, Verehrung einer goldenen Kette im Wert von 60 Kronen, 28.09.1671, 1585-1671 (Akt (Sammelakt, Grundzl., Konvolut,.
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Coeckelberghe-Dützele, Gerhard Robert Walter von, Köhler, Anton, Curiositäten- und Memorabilien-Lexicon von Wien, I. Band, Wien: (n.p.), 1846, p.493. Gersthof and Matthäus Lydl von Schwanau. (Google Books.)
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Ein Sittenbild aus dem Jahre 1663",
in
Erinnerungen. Illustrirte Blätter für Ernst und Humor,
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Heft VIII., pp.225ff.,
p.241 right col. - p.244 right col.,
Heft IX., pp.257ff.,
p.271 right col. - p.275 right col. (Google Books.)
Summarized text of Lydl's Relation. Why did he cut Fort / fort / ein starcken Trab zu fahren?
Dominikus, Jakob, Erfurt und das Erfurtische Gebiet, 1. Theil, Gotha: Carl Wilhelm Ettinger, 1793, Johann Philipp bewuͤrkt nach langen Versuchen die Acht, die Jakob Lidel von Schwanau den 8ten Octbr. 1663. mit Gefahr seines Leben verkuͤndigt, pp.413ff. (Google Books.)
Hirsch, Ferdinand (ed.), Urkunden und Actenstücke zur Geschichte des Kurfürsten Friedrich Wilhelm von Brandenburg, Politischer Handlungen, Band 7., Berlin: Georg Reimer, 1887,
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Mentz, Georg, Johann Philipp von Schönborn, Kurfürst von Mainz, Bischof von Würzburg und Worms, 1605-1673, 2 Theilen, 1. Theil, Jena: Gustav Fischer, 1896, 2. Theil, Jena: Gustav Fischer, 1899, 2. Theil, p.83. (Internet Archive.)
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Des Chur- und Fürstlichen Hauses Sachsen Ernestin- und Albertinischer Linien ...,
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Rainer, Brigitte M., Unter den Dächern von Währing: Geschichte und Geschichten vom 18. Bezirk, Glödnitz: Memoiren-Verlag Bauschke, 2020, n. p., Haus Nr. 127-129, das Lydische Stiftungshaus. (Google Books.)
Scholz, Luca, "The Enclosure of Movement: Safe-Conduct and the Politics of Mobility in the Holy Roman Empire", Florence: European University Institute, 2016, EUI PhD theses, Department of History and Civilization, p.154.
Spielman, John Philip, The City & the Crown: Vienna and the Imperial Court, 1600-1740, Purdue University Press, 1993, p.225, n.50. The author says Lydl was a herald for 15 years and a Fourier for 31 year. However his statemet about von Schwanau is obviously erroneous. (Google Books.)
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